Full text: Deutsches Staatsrecht. Erster Band: Die Grundlagen des deutschen Staates und die Reichsgewalt. (1)

130 I. Buch. Die Grundlagen des deutschen Staates. 
Hier überall handelt es sich um die eigensten Aufgaben des 
Staates selbst: um Aufrechterhaltung des gesicherten Zusammenwirkens 
und der inneren Ordnung seiner Organe, um Bewährung seiner Herr- 
schaft gegen Ungehorsam und Widerstand, um Erfüllung seiner Ver- 
waltungsaufgaben im Verhältnis zu den Unterthanen, denen er zu 
diesem Behufe Leistungen und Beschränkungen ansinnt oder Gewäh- 
rungen schuldig ist. Unter diesem Gesichtspunkte ist und bleibt das 
materielle Recht, um das es sich bei der öffentlichen Rechtspflege 
handelt, einfach Mittel für seine, des Staates, Zwecke. 
Jedoch — die fundamentale Bedeutung, die das Recht für den 
Bestand des Staates hat, die unwiderstehliche Nötigung, die Überein- 
stimmung der Macht des Staates mit seinem Rechte nicht nur that- 
sächlich herzustellen, sondern auch in der Überzeugung seiner Ange- 
hörigen zu beglaubigen, sie bewirken es, dals die Hemmungen der 
staatlichen Funktionen, welehe durch die Bestreitung des Rechtes 
entstehen, ja sogar, dafs solche Hemmungen, welche bei einschneiden- 
den Konflikten zwischen der Staatsgewalt und ihren Angehörigen, ins- 
besondere im Strafrechtsfalle, bereits in der Bestreitbarkeit des 
Rechtes liegen, nicht jeder anderen Hemmung durch Ungehorsam, 
durch Pfliehtwidrigkeit, durch Zweifelhaftigkeit der That- und Rechts- 
fragen eleichgestellt werden. Der Staat fühlt sich gedrungen, die Be- 
reinigung der Rechtsfragen unter bestimmten Voraussetzungen in be- 
sonderer Weise zu behandeln. Er ordnet unter dieser Nötigung ein 
besonderes Verfahren an, er gewährt den Beteiligten nach Analogie 
des Civilprocesses gesicherte Parteirechte, er überweist die einschlagen- 
den Geschäfte anderen, von den bei der Rechtsfrage interessierten Be- 
hörden verschiedenen Instanzen, mögen dies die Gerichte oder be- 
sondere diesen nachgebildete Behörden sein. 
Das positive Recht entspricht solchen Anforderungen nur in 
einem sehr verschiedenen Umfange und in allmählicher Entwickelung. 
Am frühesten und allgemeinsten geschieht dies auf dem Gebiete des 
Strafrechtes und für einzelne organische Streitigkeiten. 
Dagegen nur zögernd und schrittweise entschliefst sich der Staat auch 
auf den anderen Verwaltungsgebieten die Erledigung der Rechtsfrage 
in anderen Formen und von anderen Instanzen zu bewirken, als die 
Erledigung jedes anderen der Vollziehung sich entgegenstellenden 
Hindernisses oder jedes anderen nur auf Billigkeit und Zweckmälsig- 
keit sich berufenden Einspruches. 
Überall da nunmehr, und soweit das:positive Recht diesen Anforde- 
rungen genügt, scheidet sich von der sonstigen Verwaltungsthätig- 
keit ein besonderer Kreis der staatlichen Thätigkeit aus, der ausschliels-
	        
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