$ 20. Das Grundverhältnis. 133
Die Überwindung dieser Erscheinungen bewirkte auf der einen
Seite eine Verstärkung des Staatswesens — so insbesondere durch
Aufhebung der patrimenialen Gerichtsbarkeit und Polizei —, sie hat
aber auch auf der anderen Seite eine reichere Gestaltung und kräftigere
Wirksamkeit der aulserstaatlichen Verbindungsweisen herbeigeführt.
Neben dem stetigen Elemente der Familie erstarkte die Bedeutung
der korporativen Verbände, und die Formen der freien Anpassung
fanden in der entfesselten Freiheit des Individuallebens, des Gewerbes,
der Landwirtschaft, des Handels und Verkehres ein erweitertes An-
wendungsfeld.
Die Darstellung des heutigen Grundverhältnisses des Staates zu
der bürgerlichen Gesellschaft würde hiernach in systematischer Gliederung
den drei Organisationsformen der Familie, des korporativen Verbandes
und der Verbindungsweise der freien Anpassung zu folgen haben.
Allein einer solchen Systematik stehen zwei Erscheinungen des positiven
Rechtes gegenüber.
Wenn es die Natur des korporativen Verbandes ist, für die Zwecke
des gesellschaftlichen Zusammenwirkens ein eigentümliches, mit der
Struktur des Staates selbst wesensgleiches Gewaltverhältnis zu erzeugen,
so liegt es allerdings hierin begründet, dafs der Staat sich zu den auf
seinem Gebiete vollziehenden korporativen Bildungen in ein besonderes,
eigentümliches Verhältnis setzen muls. Dazu drängt ihn nicht nur die er-
forderliche Einreihung derselben in die allgemeine Rechtsordnung, welche
hier mit einer die Individualkraft überragenden Einwirkung auf das Ge-
meinleben zu rechnen hat, sondern auch die Auseinandersetzung, welche
die Durchkreuzung der Staatsaufgaben durch die korporativen Gemein-
zwecke notwendig macht. Allein die nämlichen Gesichtspunkte, wenn
sie auch in verstärkter Weise bei. der Stärke des korporativen Ver-
bandes obwalten, sind es, welche auch dann in Frage stehen, wenn
es sich auf dem Gebiete der freien Anpassung um solche Formen
des gesellschaftlichen Zusammenwirkens handelt, in denen planmälsig
ein gemeinschaftlicher Zweck verfolgt wird. Am letzten Ende wird
es eine Gesamtauffassung sein, welche für den Staat rücksichtlich der
Zulässigkeit, der Freiheit oder Beschränkung aller Verbindungen zu
Gemeinschaftszwecken die leitenden Gesichtspunkte abgiebt. Dann aber
treten die Verschiedenheiten der inneren Struktur zurück und es
handelt sich darum, die Stellung des Staates gegenüber dem Vereins-
wesen in diesem zusammenfassenden Sinne zu bestimmen.
Hierzu tritt die andere Erscheinung. Überall hat das positive
Recht dem Begriff des Privatrechtes eine bestimmte Deutung, einen
bestimmten Umfang und eine bestimmte Begrenzung gegeben und für