138 I. Buch. Die Grundlagen des deutschen Staates.
Betracht. Auch in diesem Falle verschwindet die korporative
Selbstverwaltung. Um Selbstverwaltung kann es sich hier nur in einer
ganz andern Bedeutung des Wortes als „bürgerliche Selbstverwaltung“,
als „Laienverwaltung“ handeln, wonach die Ausübung staatlicher Amts-
befugnisse durch Personen erfolgt, welche Staatsbeamte im engern,
technischen Sinne nicht sind.
b. Der eigene Wirkungskreis bezeichnet den Inbeeriff der-
jenigen Verwaltungsbefugnisse, bei denen der Unterschied zwischen
Zuständigkeit und Ausübung nicht hervortritt, sondern als deren recht-
liches Subjekt der Selbstverwaltungskörper selbst in seiner verfassungs-
mälsigen Organisation nach positivem Rechte anerkannt ist.
Mit innerer, durch die Natur jedes korporativen Verbandes
gegebener Notwendigkeit wird dieser eigene Wirkungskreis gebildet,
einesteils durch das organische Rechtsverhältnis, welches in Rechten
und in entsprechenden Pflichten die Organe des Selbstverwaltunges-
körpers als solche und die Mitglieder desselben als solche miteinander
verknüpft, andernteils durch die Befugnisse, welche seine wirtschaftliche
Ausstattung und deren Verwaltung betreffen.
Im übrigen, über diese beiden Grundbefugnisse hinaus entscheidet
ausschliefslich das positive Recht, wie weit die Funktionen der Selbst-
verwaltungskörper dem eigenen, wie weit sie dem übertragenen Wirkungs-
kreise angehören. Und diese Entscheidung ist eine durchaus ver-
schiedene, je nach der verschiedenen historischen Entwicklung, je nach
der stärkeren Betonung der Freiheit der Selbstverwaltung oder ihrer
Abhängiekeit vom Staate, je nach den höheren oder tieferen Stufen,
welche in der Gliederung der korporativen Verbände hervortreten, je
nach der eröfsern oder geringern Bedeutung, die den Gegenständen
der Selbstverwaltung für das Gemeinleben zugeschrieben wird.
2. Die Rechtsstellung des Staates gegenüber den Selbst-
verwaltungskörpern, welche sein Mitwirkungsrecht an den selbstver-
walteten Gemeinzwecken ausmacht, wird bezeichnet durch das Recht
der Aufsicht — nicht aber in einem allgemeinen, sondern in einem
durchaus speeifischen Sinn, der auf dem Gebiete der korporativen
Selbstverwaltung einen besonderen Inhalt empfängt.
Diese Aufsicht findet ihre Bethätigung nicht an der regulativen
(sewalt des Staates, welche als Gesetzgebung ermächtigt und berufen
ist, festzustellen, welche korporativen Verbände als Selbstverwaltungs-
körper anerkannt, welche Gemeinzwecke ihnen zugeteilt, welche An-
forderungen an ihre Organisation und Thätigkeit erhoben werden.
Sie deckt sich auch nicht mit der negativen Funktion des
Staates gegenüber den Selbstverwaltungskörpern, die Einhaltung der