25. Öffentliches Recht und Privatrecht. 157
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wesens? behufs Erreichung der nämlichen praktischen Zwecke ihre
Ordnung bald durch das eine und bald durch das andere empfangen.
Das socialistische Programm geht, vom Standpunkte des Rechtes aus
betrachtet, nur darauf aus, die Erzeugung und Verteilung der wirt-
schaftlichen Güter, die in der herrschenden Gesellschaftsordnung grund-
sätzlich in den Formen des Privatrechtes erfolgt, durch eine öffentlich-
rechtliche Ordnung zu bewirken, jene mit dieser zu verwechseln.
Var allen Dingen aber bewirkt es das Zusammentreffen des
öffentlichen und des Privatrechtes in dem nämlichen Lebensverhält-
nis, dals Kreuzung und eintretenden Falles Kollision zwischen
beiden stattfindet. Und zwar kann dies Wechselverhältnis ein drei-
faches sein.
1. Die Bestimmungen beider Rechtsteile, die denselben That-
bestand treffen, können ineinander eingreifen und nebeneinder her-
gehen ohne gegenseitige Störung. Das zeigt sich an den
Strafandrohungen z. B. gegen Diebstahl oder Betrug und dein hier-
durch gestifteten öffentlichen Pflicht- und Verantwortlichkeitsverhältnis;
sie Jassen die dinglichen und obligatorischen Rechtsverhältnisse, die
sie ergreifen, in ihrer rechtlichen Normierung und in ihrer thatsäch-
lichen Gestaltung rein bestehen; durch die Achtung des Privatrechtes
wird ohne jede Modifikation zugleich dem öffentlichen Rechte genügt.
Aber sanz das Nämliche gilt auch von jenen zahllosen Beschränkungen,
die der Staat in allen Zweigen seiner Verwaltung, im Militär- und
Steuerwesen, in der Gesundheits-, Feuer-, Bau-, Wegepolizei u. s. w.
der persönlichen Freiheit, dem Eigentum und der Vermögensgebarung
auferlest. Wenn man hierbei von einer Beschränkung des Privatrechtes
spricht, so geschieht das in einem uneigentlichen Sinne. In dem Sinne
nämlich eines ganz abstrakten Malsstabes der Genufsmöglichkeit und
der Verfügungsgewalt, die bei voller Beseitigung des Staates der
Voraussetzung nach eintreten würde. Allein im eigentlichen, im recht-
lichen Sinne ist in den hier vorausgesetzten Fällen von einer Be-
schränkung des Privatrechtes gar keine Rede. Denn alle jene Öffent-
lichrechtlichen Bestimmungen lassen die Rechte und Pflichten und das
ihnen entsprechende thatsächliche Verhalten der Privaten unter-
einander — und dies allein macht das Privatrecht aus — voll-
kommen unberührt.
5 Ja selbst der Gewerbeordnung, wie die Bestimmungen des Lübischen
Rechtes ]. II t. 12, des Rostocker Stadtrechtes p. IH t. 12, die erst durch
Reichsgesetz vom 4. Nov. 1874 zu Gunsten der Gewerbeordnung aufgehoben
wurden.