Full text: Deutsches Staatsrecht. Erster Band: Die Grundlagen des deutschen Staates und die Reichsgewalt. (1)

160 I. Buch. Die Grundlagen des deutschen Staates. 
wenn es sich um das Anteilsverhältnis an öffentlichrechtlichen Lasten 
oder Gewährungen handelt, wobei jede Abweichung von dem gesetz- 
lichen Mafsstabe sich als Übervorteilung oder Benachteiligung zu 
Gunsten des einen und zu Lasten des anderen darstellt, oder wenn 
das öffentliche subjektive Recht des einen ein bestimmtes Verhalten 
des anderen im Interesse des ersten zum Inhalte hat, wie insbesondere 
im Civilprozels die Rechte der einen Partei auf das Erscheinen, die 
Erklärungen, die Anerkennungen der anderen Partei. Hier erscheiut 
nicht nur stofflich das Öffentliche Recht als eine Beziehung der 
Beteiligten untereinander, sondern vielfach — insbesondere in allen 
den Fällen, in denen diese Rechte als wesentlich im Interesse der 
Beteiligten und darum als verzichtbare gegeben sind — wird der 
Streit um dieselben durch einen Prozefs geschlichtet, in welchem die 
Interessenten die Parteirollen als Kläger und Beklagte genau so zu 
übernehmen haben, als wenn es sich um Privatrecht handelte. Allein 
trotz eines solchen Inhaltes der Rechte und Pflichten und trotz ihrer 
technisch - prozessualischen Behandlung sind diese Beziehungen der 
Beteiligten untereinander vom rechtlichen Standpunkte aus nicht un- 
mittelbare, sondern durch die Rechte und Pflichten des Staates ver- 
mittelte. Sie haben ihren Rechtsgrund immer nur in dem Umstande, 
dafs dem Staate gegenüber ein bestimmtes Mails der Belastungen 
oder Gewährungen Rechtens, dafs der Gerichtsbarkeit desselben 
gegenüber ein bestimmtes prozessualisches Verhalten der Parteien als 
Recht und Pflicht gefordert ist. Sie stellen daher niemals ein Rechts- 
verhältnis der Beteiligten untereinander, sondern immer nur die Rück- 
wirkungen eines öffentlichen Rechtsverhältnisses zum Staate auf die 
ineinandergreifenden Interessen jener dar°. 
Dagegen erleidet allerdings jener allgemeine Begriff des öftent- 
lichen Rechtes und der entsprechende des Privatrechtes nach Mals- 
gabe des in Wissenschaft und in Gesetzgebung feststehenden Sprach- 
gebrauches gewisse teils beschränkende, teils erweiternde Modifikationen. 
Und zwar geschieht dies an drei Punkten, die durch die fiskalischen 
Rechtsverhältnisse und durch die besondere Stellung der Selbstver- 
waltungskörper und der Kirchen bezeichnet werden. 
1. Die fiskalischen Rechtsverhältnisse weisen die 
Eigentümlichkeit auf, dafs, obgleich der Staat an ihnen als Rechts- 
subjekt beteiligt ist, dieselben trotzdem dem Privatrecht unterstellt sind. 
Der Staat ist in allen Gebieten seiner Thätigkeit nicht blols an- 
gewiesen auf ‚die ihm specifischen Macht- und Rechtsmittel, auf seine 
° Planck, Lehrbuch des Civilprozefsrechts $$ 42. 50. S. 321 Note 6.
	        
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