Full text: Deutsches Staatsrecht. Erster Band: Die Grundlagen des deutschen Staates und die Reichsgewalt. (1)

$ 25. Öffentliches Recht und Privatrecht. 165 
sprechend verengt sich der Begriff des Privatrechtes. Dasselbe be- 
herrscht nur diejenigen vom Staate verschiedenen korporativen Ver- 
bände, für welche dies nach näherer Begrenzung des positiven Rechtes 
vorbehalten ist, mögen sie im übrigen den öffentlich regulierten Ver- 
bänden oder dem freien Vereinswesen angehören. Für sie greift das 
öffentliche Recht begriffsmäßig nur da Platz, wo der Staat in Be- 
ziehung zu ihnen Subjekt von — nicht nur fiskalischen — Rechten 
und Pflichten ist. 
3. Eine weitere Verengerung empfängt der Begriff des Privat- 
rechtes durch das Kirchenrecht. Zweifellos bildet das Kirchen- 
recht, insofern es die Auseinandersetzung zwischen Staat und Kirche 
zum Gegenstande hat, nichts anderes als einen Bestandteil des öffent- 
lichen Rechtes. Aber eben so zweifellos ist es, dafs derjenige Teil 
des Kirchenrechtes, der die inneren Verhältnisse des kirchlichen Organe 
und der Gläubigen oder ihre äufseren Beziehungen zu Dritten regelt, 
an sich dem Privatrecht anheimfällt, wie die entsprechenden Verhält- 
nisse jedes anderen korporativen Verbandes. Es ist die eingreifende 
Bedeutung für die menschliche Entwickelung, es ist vom rechtlichen 
Standpunkte aus die Zuerkennung einer erweiterten Autonomie und 
Jurisdiktion, welche gewisse historisch individualisierte Religionsgemein- 
schaften, die Kirchen im eminenten Sinne, von allen anderen korpo- 
rativen Verbänden mächtig und eigenartig abhebt. Sie haben dazu 
geführt, das Kirchenrecht, soweit es nicht öffentliches Recht darstellt 
und soweit nicht auch hier die Analogie der fiskalischen Verhältnisse 
zutrifft, als eine besondere Rechtsordnung hinzustellen, verschieden 
von dem Privatrecht der übrigen korporativen Verbände wie von dem 
öffentlichen Rechte des Staates und seiner Selbstverwaltungskörper. 
IV. Alle Versuche, über die getroffenen Bestimmungen hinaus 
noch weitere Kriterien für die Unterscheidung zwischen öffentlichem 
und Privatrechte zu gewinnen, sind vergebliche, mag man hierzu die 
Rechtsnorm und die rechtswirkenden Thatsachen oder die Eigenschaft 
der Verzichtbarkeit der subjektiven Rechte oder endlich die Zulässig-: 
keit oder Unzulässigkeit des Rechtsweges verwerten wollen. 
1. Versteht man unter Rechtstiteln die Thatbestände, an 
welche eine objektive Rechtsnorm die Entstehung, Veränderung oder 
Beendigung von Rechten und Pflichten knüpft, so kann man in zwei- 
facher Weise ihre allgemeinen Kategorieen bilden. Entweder man 
reflektiert auf die objektive Rechtsnorm, durch welche einem 'That- 
bestand rechtliche Wirkung beigelegt wird; dann unterscheidet man 
die Rechtstitel, je nachdem sie auf allgemeinem oder speciellem Ge- 
setze oder auf Sondergesetzen (Privileg) oder auf den entsprechenden
	        
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