Full text: Deutsches Staatsrecht. Erster Band: Die Grundlagen des deutschen Staates und die Reichsgewalt. (1)

$ 28. Die Civilgerichtsbarkeit. 183 
die Auseinandersetzung der Rechte und Pflichten unter den Parteien, 
gleichgültig, ob es in Übereinstimmung oder in Widerspruch mit der 
richtigen Anwendung. des ‘objektiven Rechtes auf den wahren That- 
bestand steht, gleichgültig also, ob es, an diesem Malsstab gemessen, 
das Privatrecht erfüllt oder abändert und bricht. 
3. Wenn auch das Prozeisrecht in wichtigen Beziehungen sich 
selbständig gegen das Privatrecht verhält und dasselbe um seiner 
Zwecke willen modifiziert, so bewirkt doch das mit seinem Schutz- 
zweck gesetzte Grundverhältnis in der Hauptsache das genau Um- 
gekehrte: das Proze[srecht ist notwendig und seinem 
Wesen nach bedingt durch die Natur des Privatrechtes, 
das in der Privatfreiheit wurzelt. 
Hieraus folgen diejenigen Grundsätze, die für die Struktur des 
Civilprozesses die konstituierenden sind. 
a. Das Prozefsrecht begründet keinerlei Zwang zurGeltend- 
machung des Privatrechtes von Staats wegen. Ob und in welchem 
Umfang die Partei ihr behauptetes Recht dureh Klage oder Einrede 
oder sonstige Rechtsmittel verfolgen will oder nicht, ob und in wel- 
chem Umfang sie die einmal erhobene Behauptung ihres Rechtes fest- 
halten oder zurücknehmen will, ist Sache ihrer — der privatrechtlichen 
Freiheit entsprechenden — freien Entschliefsung. 
b. Die Parteien bleiben auch nach Einleitung des Prozesses nach 
Malsgabe des Privatrechtes zu einseitigen und zweiseitigen 
Dispositionen über die ihnen zustehenden Rechte be- 
fugt, insbesondere zu Verzicht, Anerkennung, Vergleich, Kompromils 
— selbstverständlich unter Ausschluls solcher einseitiger Dispositionen, 
die begründete Prozelsrechte des Klägers beeinträchtigen, und. unbe- 
schadet des etwaigen Rechtes der Parteien, solche Rechtsgeschäfte, die 
die Beendigung des Rechtsstreites beabsichtigen, in unanfechtbarer 
Weise festgestellt zu sehen. 
ec. Auch das gesprochene Urteil gewährt den Parteien nur ein 
subjektives Recht auf Durchführung des festgestellten 
Privatrechtes. Der Staat exequiert nicht von Amts wegen, gegen 
oder ohne Willen des Berechtigten, und er suppliert ebensowenig die 
exceptio judicati. 
  
  
logische Thatbestand beider ein vollkommen anderer ist, hier Begründung 
oder Erläuterung objektiven Rechtes, dort Anwendung objektiven Rechtes auf 
den Streitfall und darum unbestreitbare Feststellung subjektiven Rechtes. 
 Selbstverständlich ist hiervon die Frage verschieden, ob die Gegen- 
partei auf Grund der zurückgenommenen Behauptung des Rechtes ihrerseits 
Entscheidung fordern darf.
	        
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