Full text: Deutsches Staatsrecht. Erster Band: Die Grundlagen des deutschen Staates und die Reichsgewalt. (1)

$ 29. Die Verwaltung des subjektiven Privatrechtes. 187 
unehelicher Kinder durch fürstliches Reskript, wie die Verleihuug 
juristischer Persönlichkeit, wo dieselbe in das freie, unbeschränkte Er- 
messen der Verwaltung gestellt ist. Denn in beiden Fällen handelt 
es sich zwar dem Erfolge nach zugleich um eine besondere Gestaltung 
des subjektiven Privatrechtes, aber ihrem Wesen nach gehören sie der 
Gestaltung des objektiven Rechtes an, dessen Begrenzungen und 
Hemmungen durch die Setzung eines Sonderrechtes gehoben werden. 
Insbesondere scheidet aber auch die Vormundschaft des 
Staates aus, dieselbe hier in dem weiten Sinne aller der Funktionen 
genommen, welche im Interesse des Schützlings einesteils beim Mangel 
der familienhaften Gewalt- und Vertretungsverhältnisse für einen Ersatz 
derselben sorgen und andererseits diese bestehenden oder von ihm konsti- 
tuierten Schutzverhältnisse den besonderen Einwirkungen des Staates 
unterwerfen. Hier nämlich erschöpft sich die Mitwirkung des Staates 
nicht in der Begründung privatrechtlicher Verhältnisse und Wirkungen, 
vielmehr konstituiert dieselbe gleichzeitig ein öffentliches Rechts- 
verhältnis, welches dem privatrechtlichen parallel läuft, und zwar 
dergestalt, dafs das erstere den Schutz und die Verwirklichung des 
letzteren bezweckt. Es liegt hier auf dem Gebiete des Privatrechtes 
eine Analogie zu der Erscheinung der Selbstverwaltung vor?. Denn 
wie bei dieser, so ist es auch hier der entscheidende Gesichtspunkt, 
dafs der Staat die Erfüllung der Aufgaben, die zunächst als selbstän- 
diges Recht einem anderen Subjekte, hier dem Vormunde, Ehemann, 
Vater, Kurator obliegen, zugleich zu einer öffentlichrechtlichen Pflicht 
sich selbst gegenüber erhebt. Das Hauptbeispiel bietet die Vormund- 
schaft über Unmündige, Geisteskranke, Verschwender, Taube, Stumme, 
Blinde, Abwesende. Aber es fällt hierunter auch der besondere Schutz, 
den der Staat der Ehefrau und den Kindern gegenüber Ehemann und 
Eltern gewährt, sei es, dafs er denselben im Falle kollidierender In- 
teressen einen besonderen Kurator bestellt, sei es, dafs er sich un- 
mittelbarer Rechte auf Abstellung von Milsbräuchen und Pflichtver- 
säumnissen beimifst, wie dies insbesondere die sogenannte Zwangs- 
erziehung, die Ergänzung elterlicher Konsense aufweist. Hier wie überall 
im Vormundschaftswesen ‘handelt es sich nicht blofs um Pflege des 
®? Ja nach positivem Recht kann das öffentliche Recht das Privatrecht 
auf dem Gebiete der Vormundschaft absorbieren, dergestalt, dals eine Bevor- 
mundung des Staates schlechthin besteht, bei der der Vormund ohne feste 
eigenen Rechte, nur Organ des Staates ist. So nach A.L.R. II, 18 88 1—5. 
81. 235—237. Erst die preufsische Vormundschaftsordnung vom 5. Juli 1875 
hat die Funktion des Staates auf eine Obervormundschaft zurückgeführt.
	        
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