Full text: Deutsches Staatsrecht. Erster Band: Die Grundlagen des deutschen Staates und die Reichsgewalt. (1)

210 I. Buch. Die Grundlagen des deutschen Staates. 
durch, dafs er den Wirkungskreis der beiden zur Mitarbeit am Staats- 
zweck berufenen obersten Organisationen gegeneinander abgrenzt. 
Allein diese Abgrenzung setzt die Wirkungskreise beider Teile 
nicht außer Beziehung. Beide stehen im Hinblick auf die Gesamt- 
leistung des Staates im Verhältnis der Ergänzung. Aus diesem Er- 
gänzungsverhältnis aber, aus der gegenseitigen Bedingtheit, in welcher 
notwendig alle einzelnen Staatsthätigkeiten zur Gesamtleistung stehen, 
werden sich in gröfserem oder geringerem Umfange und in verschieden- 
artiger Gestaltung gegenseitige Unterstützungsverhältnisse durch eine 
geordnete Zusammensetzung der Kräfte entwickeln. Den abgrenzenden 
Bestimmungen müssen Bestimmungen über das Zusammenwirken 
beider Teile zur Seite stehen. 
Im Begriff und Wesen eines solchen Planes ist es endlich ent- 
halten, dals er in einer einheitlichen Auffassung des Staatszweckes in 
allen seinen Teilen entworfen und durchgeführt sein will. Es bedarf 
der Bestimmungen, welche gegenüber der Vielheit der mitwirkenden 
Kräfte und im historischen Wechsel der Staatsaufgaben die Einheit- 
lichkeit der Feststellung, der Fortbildung und der 
Durehführung des Planes sicherstellen. 
Der Grundplan nun aber, der in allen diesen Rücksichten 
das Grundverhältnis zwischen dem Reich und den Einzelstaaten ge- 
staltet und gestalten muls, wenn nicht die Natur des Staates verkehrt 
werden soll, findet seine rechtliche Darstellung 
in der Kompetenz des Reiches. 
In diesem Sinne ist die Kompetenz objektivrechtlich der 
Inbegriff der Rechtssätze, welche die Verteilung und das Zusammen- 
wirken der auf Erreichung der Staatsaufgaben gerichteten Thätig- 
keiten des Reiches einerseits und der Einzelstaaten andererseits be- 
stimmen. 
Sie ist subjektivrechtlich der Inbegriff der Rechte und 
Pflichten des Reiches und der Einzelstaaten, welche durch das zwischen 
ihnen behufs Erfüllung der Staatsaufgaben gestiftete Gemeinschafts- 
verhältnis bedingt sind. 
Die Summe aber der Kompetenzen, in der sich schliefslich das 
Herrschaftsverhältnis des Reiches in einheitlicher Zusammenfassung aller 
an dem Zwecke des deutschen Staates mitarbeitenden Kräfte bewährt, 
ist die Reichsgewalt. 
In dem entwickelten Sinne ist die Kompetenz des Reiches, ist 
die Reichsgewalt das Hauptstück des deutschen Staatsrechtes, 
welches die Voraussetzung für alle übrigen Teile des- 
selben bildet.
	        
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