Full text: Deutsches Staatsrecht. Erster Band: Die Grundlagen des deutschen Staates und die Reichsgewalt. (1)

$ 33. Die formelle Natur der Kompetenz. 221 
Wese der Gesetzgebung überhaupt entzieht und dem Wege des Ver- 
trages überweist. 
Alle diese Fragen bilden die Vorfrage nach der „Kompetenz- 
Kompetenz“ desBundesstaates, nach der Selbstherrlichkeit seiner Ent- 
scheidungen über die zwischen ihm und den Einzelstaaten obwaltenden 
Kompetenzverhältnisse. Sie ist weit entfernt davon, nur eine Frage 
nach den Formen der Rechtsbildung zu sein. Sie ergreift in höchster 
Potenz die materielle Rechtsmacht des Bundesstaates, des Reiches über 
seine Glieder, die Einzelstaaten. 
Die Kompetenz - Kompetenz ist eine selbständige, alle einzelnen 
Kompetenzbestimmungen über die Verwaltungsaufgaben und Regierungs- 
rechte des Bundesstaates ergänzende Kompetenz, die eine die Dar- 
stellung der Formen der Verfassungsänderung weit überragende Be- 
deutung hat. Sie ist im Einheitsstaate durch das Wesen des Staates 
selbst gegeben und bejaht. Ihre Bejahung oder Verneinung entscheidet 
darum in letzter Instanz, ob der Bundesstaat und hier das Reich eine 
mit dem Staate gleichartige Natur an sich trägt oder nicht. 
IV. Die formelle Natur der Kompetenzbestimmungen als Ver- 
fassungsgesetz und zwar als Verfassungsgesetz des Reiches bestimmt 
schliefslich die wissenschaftliche Methode ihrer Darstel- 
lung und Feststellung. 
Die Darstellung der Kompetenzverhältnisse im deutschen 
Staatswesen ist durch die Mafisgaben des positiven Rechtes genötigt, 
den Wirkungskreis und die Wirkungsweise des Reiches zum Ausgangs- 
und Mittelpunkt zu nehmen. Nur von diesem aus läfst sich die 
Rechtssphäre der Einzelstaaten begrenzen und bestimmen und die 
Entscheidung gewinnen, ob und in welcher Weise beide Teile nicht 
blos vom Standpunkte einer politischen Betrachtung, sondern auch 
von dem des Rechtes aus eingefügt sind in den Plan eines einheit- 
lichen Staatswesens. 
Aber auch für die Feststellung dieser Reichskompetenz ergiebt 
die formale Beschaffenheit der malsgebenden Bestimmungen den leiten- 
den Grundsatz. Niemals genüst für dieselbe die Berufung auf eine 
allgemeine Ermächtigung, welche aus dem Staatszweck und aus der 
Notwendigkeit seiner Verwirklichungsmittel abgeleitet werden kann, 
auch wenn diese Ableitung durch die historische Entwickelung und 
durch die im positiven Rechte zu genügendem Ausdruck gelangte 
Rechtsauffassung begründet wird. Vielmehr bedarf es von Fall zu 
Fall für jede materielle und formelle Kompetenz. die dem Reiche zu- 
gesprochen werden soll, des Nachweises, dafs dieselbe in den Be- 
stimmungen der Reichsverfassung oder der sie ergänzenden Ver-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.