12 I. Buch. Die Grundlagen des deutschen Staates.
über die Besitzregulierung in Schleswig-Holstein entwickelte sich nur
die Notwendigkeit, die Auseinandersetzung zwischen beiden Mächten
herbeizuführen, welche die Voraussetzung für die einheitliche Gestaltung
Deutschlands bildete. In diesen Zusammenhang der nationalen Kon-
stituierung des deutschen Volkes wurde der Streit um Schleswig-Holstein
gerückt, als am 9. April 1866 Preufsen bei der Bundesversammlung
den Antrag stellte:
„eine aus direkten Wahlen und allgemeinem Stimmrechte der
ganzen Nation hervorgehende Versammlung einzuberufen, um die Vor-
lagen der deutschen Regierungen über eine Revision ‘der Bundesver-
fassung zu beraten“.
Dann — als Österreich die Entscheidung in der schleswig-hol-
steinschen Sache der Bundesversammlung anheimstellte, als diese gegen-
über der eigenmächtigen Occupation Holsteins durch Preulsen am
14. Juni 1866 beschlols, die aulserpreufsischen und aulserösterreichischen
Armeecorps zu mobilisieren, erklärte Preulsen in derselben Sitzung:
„aalses den bisherigenBundesvertragfür gebrochen
und deshalb nicht mehr verbindlich ansieht, denselben
vielmehralserloschen betrachten und behandeln wird“.
Der Krieg begann. In schnellen Schlägen wurde er zu Ende
geführt. Die Nikolsburger Friedenspräliminarien vom 26. Juli und der
Prager Friedensvertrag vom 23. August zwischen Preufsen und Öster-
reich, die Friedensverträge mit Württemberg, Baden, Bayern, Grols-
herzogtum Hessen, Reufs ä. L., Sachsen-Meiningen und Königreich
Sachsen vom 13., 17. und 22. August, 3. und 5. September, 8. und
21. Oktober 1866, welche zugleich den Beitritt dieser Staaten zu dem
Nikolsburger Präliminarienvertrag, soweit er die Zukunft Deutschlands
betrifft, erklären — bilden den Abschluls.
In den völkerrechtlichen Verträgen mit Österreich ist denn auch
infolge des Ganges der Ereignisse das Programm für die
künftige Gestaltung Deutschlands festgestellt worden. Der
Artikel 2 des Nikolsburger Präliminarienvertrages lautet:
„S. M. der Kaiser von Österreich erkennt die Auflösung des
bisherigen Bundes an und giebt seine Zustimmung zu einer neuen
Gestaltung Deutschlands ohne Beteiligung des Öster-
reichischen Kaiserstaates, Ebenso verspricht Seine Majestät,
das engere Bundesverhältnis anzuerkennen, welches S. M.
der König von Preulsen nördlich von der Linie des Mains
begründen wird, und erklärt sich damit einverstanden, dals die süd-
lieh von dieser Linie gelegenen deutschen Staaten in
einen Verein zusammentreten, dessen nationale Ver-