Full text: Deutsches Staatsrecht. Erster Band: Die Grundlagen des deutschen Staates und die Reichsgewalt. (1)

935. Die grundsätzliche Gestaltung der Regierungsrechte des Reiches. 23] 
Gesetzgebung und Vollziehung in der Hand der Eidgenossenschaft 
unter Eliminierung jedes Mitwirkungsrechtes der Kantone. So in der 
Verwaltung {der Post und Telegraphie, des Zollwesens, des Pulver- 
und Branntweinmonopols, des Münzwesens. 
Für andere Verwaltungsgebiete ist die Kompetenz der Eidgenossen- 
schaft auf erundrechtliche Verfassungsbestimmungen beschränkt. 
Das heilst: den Kantonen verbleibt ‚sowohl die Gesetzgebung als die 
Vollziehung ; ihre Regierungsgewalt empfängt nur negative und positive 
Direktiven, deren Einhaltung die Eidgenossenschaft !in Aufsicht und 
Rechtsprechung überwacht. Das reinste [Beispiel bilden hierfür die 
grundrechtlichen Bestimmungen über Prefsfreiheit und Vereinswesen — 
aa. 55. 56. —, denen aber eine ganze Reihe anderer Verfassungs- 
artikel zur Seite stehen?. 
Innerhalb dieser beiden Gegensätze liegen die sonstigen Kompetenz- 
gebiete, in denen !in verschiedenen Nuanecierungen die Eidgenossen- 
schaft auf bestimmte einzelne Regierungsrechte begrenzt ist und zwar 
regelmälsig auf Gesetzgebung einerseits und auf Aufsicht oder Recht- 
sprechung des Bundesgerichtes andererseits, während im übrigen alle 
ausführende Thätigkeit, insbesondere Vollziehung und Rechtsprechung, 
das verfassungsmälsige Recht, aber allerdings auch die verfassungs- 
mälsige Verpflichtung den Kantonen verbleibt. So ist dem Bunde nur 
Gesetzgebung und Aufsicht zugesprochen im Gebiete des Militär-, des 
Mafs- und Gewichtswesens, der Wasserbau- und Forstpolizei im Hoch- 
gebirge, nur Gesetzgebung und eine gewisse Rechtsprechung für das 
bürgerliche Recht, für das Beitreibungsverfahren und Koukursrecht. 
So gestaltet sich das Bundesheer als Kontingentsheer, sind die Bundes- 
finanzen in letzter Ergänzung auf Matrikularbeiträge gestellt. So 
steht denn aber auch der Eidgenossenschaft Exekutionsrecht gegen die 
Kantone als solche, insbesondere durch militärischen Zwang zu‘. 
N 
3 Für das Unterrichtswesen a. 27, Handels- und Gewerbefreiheit a. 31, 
Religionswesen aa. 49. 50. 
* Weil die schweizerische Bundesverfassung das Verhältnis der Eid- 
genossenschaft zu den Kantonen auf den Kompetenzgebieten der ersteren 
nicht grundsätzlich formuliert, darum können solche Artikel, durch welche 
ausdrücklich der Eidgenossenschaft nur die Gesetzgebung zugeschrieben wird, 
nicht in dem Sinne interpretiert werden, als ob damit den Kantonen das Recht 
der Ausführung verfassungsmäfsig zugesichert sei. Vielmehr giebt das Recht 
zur Gesetzgebung schlechthin der Eidgenossenschaft das Recht, im Wege der 
Gesetzgebung sich selbst jede notwendige oder geeignete Vollziehungsgewalt 
zuzuschreiben. So wurde a. 26 in der Revision von 1874: „die Gesetz- 
gebung über den Bau und Betrieb der Eisenbahn ist Bundessache“ in der 
Absicht so formuliert, um dem Bunde die eigene Koncessionierung und die
	        
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