Full text: Deutsches Staatsrecht. Erster Band: Die Grundlagen des deutschen Staates und die Reichsgewalt. (1)

$ 36. Die Kompetenz des Reiches zur Gesetzgebung im allgemeinen. 239 
lieh sind — die Organisation und die Thätigkeit des „statistischen 
Amtes“ bietet hierfür das Hauptbeispiel — oder welche der Auf- 
stellung der Gesetzentwürfe durch Einholung von Gutachten oder 
durch Einsetzung besonderer Kommissionen dienen. | 
Aber allerdings das Reich, wie jeder Staat, „übt das Recht der 
Gesetzgebung aus — nach Malsgabe des Inhaltes dieser 
Verfassung“ — RV. a2 —. 
Es ist an erster Stelle gebunden an die verfassungsmälsigen 
Formen, von denen die Rechtsgültigkeit und Rechtsverbindlichkeit 
seiner Rechtserzeugung abhängt, mithin an das näher geordnete Zu- 
sammenwirken seiner Hauptorgane: des Kaisers, des Bundesrates und 
des Reichstages. Ihre Feststellung erfolgt durch die Darstellung der 
Funktionen des Staates in Deutschland. 
Die Reichsgesetzgebung ist an zweiter Stelle gebunden an die 
verfassungsmälsigen Kompetenzverhältnisse. Sie be- 
stimmen — und nur dies steht hier zur Frage — diejenigen Rechts- 
grundsätze, welche einerseits das Recht des Reiches von dem der 
Einzelstaaten abgrenzen, welche andererseits aber auch feststellen, 
ob, wieweit und in welcher rechtlichen Ordnung ein Zusammen- 
wirken beider Teile stattfindet. 
I. Die Abgrenzung zwischen der Gesetzgebung des Reiches 
und der der Einzelstaaten erfolgt in oberster Entscheidung durch den 
allgemeinen Grundsatz: Die Gesetzgebung des Reiches, als formelles 
Hoheitsrecht, ist beschränkt nach der grundsätzlichen Bestimmung der 
R.V. a.4 auf diejenigen „Angelegenheiten“, d.h. auf diejenigen gegen- 
ständlich näher bezeichneten Verwaltungszweige, welche verfassungs- 
mälsig den Bereich der materiellen Kompetenz des Reiches aus- 
machen. Wenn und soweit dagegen aus den speecialisierenden 
Bestimmungen der Verfassung nach Wortlaut und Absicht und nach 
den gemeingültigen Regeln der Interpretation die Einbeziehung einer 
„Angelegenheit“ unter die materielle Kompetenz des Reiches nicht er- 
wiesen werden kann, dann und insoweit gebührt das Recht der Gesetz- 
gebung den Einzelstaaten als deren verfassungsmälsige Kompetenz. 
Hierin unterliegen dieselben keinen anderen Beschränkungen als den- 
jenigen, die ihr inneres Staatsrecht nach näherer Malsgabe der par- 
tikularen Verfassung bewirkt. 
Die nähere Feststellung, wie die Durchführung des allgemeinen 
Grundsatzes die gesetzgeberische Kompetenz des Reiches und der 
Einzelstaaten auf den verschiedenen Verwaltungsgebieten im einzelnen 
gestaltet und verteilt, ist identisch mit der Darstellung der materiellen 
Kompetenzen des Reiches. Aber allerdings — auch die erschöpfende
	        
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