Object: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

Die Funktionen. $ 196. 845 
U. Die Militärhoheitsrechte der Einzelstaaten!® 
werden zusammenfassend als Kontingentsherrlichkeit im 
weiteren Sinne bezeichnet. Die Kontingentsherrlichkeit i. w. S. 
entbält drei Gruppen von Rechten: 
l. die Rechte, welche den Einzelstaaten an ihren eigenen 
Truppen (ihrem Kontingent) zustehen, einerlei, ob diese Truppen 
innerhalb oder (auf Grund der vom Kaiser gemäß Art. 63 Abs, 4 
getroffenen Bestimmungen über die Garnison) außerhalb des be- 
ae Staatsgebietes stehen (Kontingentsherrlichkeit 
1. e. 8.); 
2. Rechte, welche den Einzelstaaten gegenüber allen in ihrem 
Gebiete garnisonierenden Truppen, also auch gegenüber denjenigen 
zustehen, welche andern Kontingenten angehören ; 
3. Rechte, welche den Einzelstaaten gegenüber ihren An- 
gehörigen zustehen, wenn diese ihrer gesetzlichen Wehrpflicht 
genügen, ohne Unterschied, ob letzteres in dem Kontingente des 
betreffenden Einzelstaates oder in einem andern Kontingente des 
Reichsheeres geschieht. 
Zu 1. — Die Rechte der ersten Gruppe sind in der Reichs- 
verfassung nicht vollständig aufgezählt. Einer derartigen Auf- 
zählung bedarf es auch nicht, denn es gilt hier, wie für die 
Zuuständigkeitsverteilung zwischen Reich und Einzelstaat über- 
haupt, der Grundsatz!?, daß die Einzelstaaten alle Hoheitsrechte 
behalten haben, welche ihnen nicht durch Reichsgesetz ent- 
zogen sind. 
In vorderster Reihe steht unter den kontingentsherrlichen 
Rechten die Militärverwaltung (oben 842), welche von den 
Landesherren durch ihre Kriegsministerien ausgeübt wird. Als 
Ausfluß dieser Militärverwaltungshoheit erscheint unter anderem 
auch das Recht, die Stellen im militärischen Dienst zu besetzen, 
vor allem also die Befugnis, die Offiziere zu ernennen®®, 
18 Laband 4 53ff.; Gau a. a. O. 11 ff.; Burhennec a. a. O. 29 ff.; Triepel 
a. a. O. 220 ff., 231 ff., Marschall v. Bieberstein a. a. O. 43 ff, 576 fl. 
19 Vgl. oben $ 80 S. 260; Anschütz, Encykl. 70, 177. 
:0 Die Frage, ob das Offhizierernennungsrecht eine Funktion der Militär- 
verwaltung oder der Kommandogewalt sei, ist in der Wissenschaft sehr be- 
stritten. Wie im Text: G. Meyer in den Vorauflagen dieses Buches (6. Aufl. 
723) u. G. Meyer-Dochow, VR 8 198, S. 549 u. Anm, 12; Seydel, Bayr. StR 
(2. Aufl.) 8 706 und v. Seydel-Grassmann, Bayer. StR 2 610; Frhr. Marschall 
v. Bieberstein a. a. O. 81ff., 366 ff., 440 .; Triepel a. a. O. 222 N. 1, 227 
N. 1; Rehm, Oberbefehl und Staatsr. 14 ff.; W. F. Müller, Teilung der Militär- 
gewalt 40 Anm. 1; Apel, Die kgl. Gewalt auf die Gebiete des Ehrengerichts- 
verfahrens (1906), 61, 45 und tVR 8 12. A. M. — die Ernennung sei ein 
Akt der Kommandogewalt —: Laband 4 61; Zorn, StR 2 607; Bornhak, 
Preuß. StR 8 40; Arndt, Reichsstaater. 551; Dambitsch a. a. O. 347ff.; An- 
schütz, in der Voraufl. 723 Anm. 4. a 
Die Feststellung. daß die Anstellung im Offizierdienst ein Militärver- 
waltungsakt sei, wird meist für die Folgerung verwertet, daß der Anstellungs- 
akt ministerieller Gegenzeichnung bedürfe, während die Auffassung dieser 
Aktc als Betätigung der Kommandogewalt dalıin zu führen pflegt, die
	        
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