$43. Das Verordnungsrechtnach den allgem. u. besond. Bestimmungenetc. 273
Aber die Beantwortung ist für die einzelnen Abschnitte eine
durchaus verschiedene.
Als Mafsstab, welcher den Umfaug des Verordnungsrechtes
gegenüber der Gesetzgebung bestimmt, gilt teils das preufsische
Recht — so für das Post- und Telegraphenwesen*, so für die Ver-
waltung des Heeres? und der Marine®, teils die Abgrenzung, welche
in übereinstimmender Weise die Zollvereinigungsverträge herbeigeführt
hatten’; teils muls jener Mafsstab in schwieriger Auslegung aus den
eigentümlich gewandten Bestimmungen der R.V. selbst abgeleitet
werden — so für das Eisenbahnwesen.
Als Subjekte des Verordnungsrechtes erscheinen bald der Kaiser,
sei es allein® oder im Zusammenwirken mit anderen Organen, bald
der Bundesrat !®.
Die Form und Wirkungsweise der Verordnungen ist ent-
weder eine unmittelbare, den Gesetzen analoge, oder sie ist eine ge-
brochene durch die Einführungsrechte, welche den Bundesregierungen
oder den Eisenbahnverwaltungen oder den Kontingentsceommandeuren
zustehen !!.
Die bunte Verschiedenartigkeit ist keine äulserliche und zufällige.
Denn die besonderen Abschnitte der R.V. beziehen sich ausnahmslos
auf solche Verwaltungszweige, welche eine besondere Gestaltung der
Reichskompetenz aufweisen. Für dieselben greift nirgends der all-
gemeine Grundsatz des a. 4 der R.V., welcher nur das Recht der
Beaufsichtigung und Gesetzgebung gewährt, Platz, sondern überall
stehen hier dem Reiche weitergehende Rechte und zwar für jeden
einzelnen Verwaltungszweig in besonderem Ausmalse zu, sei es dafs
dieselber sich zu einer eigenen und unmittelbaren Reichsverwaltung
verdichten, sei es dals sie anderweitig, für die Zölle und Steuern
wenigstens durch das Recht des Reiches auf deren Ertrag, die grund-
sätzliche Stellung der Einzelstaaten modifizieren.
Dieser Rechtslage entspringt mit innerer Notwendigkeit eine be-
sondere Gestaltung des Verordnungsrechtes des Reiches auf diesen be-
sonderen Verwaltungsgebieten. Dieselbe duldet keine Verallgemeinerung
und keine analogische Anwendung auf anderen Gebieten!?. Ihre Dar-
* Norddeutsche und Reichsverfassung a. 48 al. 2.
5 RV..a. 61. 6 Nordd. u. R.V. a. 58. TR.V.a. 40.
s R.V. a. 50 al. 2. ıRV.a. 46 al. ll.
10 Nordd. Verf. a. 37 No. 2. 1ıı R.V. aa. 43. 45. 68. al. 5.
12 Insbesondere darf die Gestaltung des Verordnungsrechtes durch die
besonderen Abschnitte der Verfassung nicht zur Auslegung der R.V. a. 7,2
benutzt werden, wie dies methodisch unrichtig Arndt, Verordnungsrecht
Binding, Handbuch. V. 1: Hänel, Staatsrecht. 1. 18