Full text: Deutsches Staatsrecht. Erster Band: Die Grundlagen des deutschen Staates und die Reichsgewalt. (1)

274 II. Buch. Die Reichsgewalt. 
stellung fällt der besonderen Darstellung der Reichskompetenz für die 
einzelnen Verwaltungszweige anheim. 
Die allgemeinen Grundsätze über das Verordnungsrecht 
des Reiches dagegen, welche der allgemeinen, durch R.V. a. 4 grund- 
sätzlich bestimmten Reichskompetenz auf allen übrigen, nicht besonders 
geregelten Verwaltungsgebieten entsprechen, können und dürfen aus- 
schliefslich und in strenger Sonderung nur gewonnen werden aus den 
allgemeinen Bestimmungen der Verfassung. Aber auch aus ihnen 
lälst sich ein einfacher Schlufs nicht ziehen. Vielmehr bedarf es der 
doppelten Beantwortung der doppelten Frage: 
In welchem Umfang und in welcher Weise steht dem Reiche ein 
Verordnungsrecht unmittelbar auf Grund der allgemeinen Be- 
stimmungen der Reichsverfassung zu? 
Ist das Reich berechtigt, sich über diese Verfassungsbestimmungen 
hinaus weitere Verordnungsrechte im Wege der einfachen Gesetz- 
gebung beizulegen ? 
I. Kapitel. 
Das Verordnungsrecht unmittelbar auf Grund der Verfassung. 
8 44. 
Die norddeutsche Verfassung und a. 7,2 der Reichsverfassung. 
I. Die Verfassung des norddeutschen Bundes enthielt in ihren 
allgemeinen Bestimmungen. keinerlei Klausel, welche dem Bunde 
schlechthin oder irgend einem Organe desselben ein Verordnungsrecht 
irgend welcher Art ausdrücklich einräumt. 
Diese Thatsache gewinnt eine mafsgebende Tragweite durch die 
vollkommen verschiedene Bedeutung, welche das Verordnungsrecht im 
S. 49. 53. 57 thut. Dies gilt selbst in Rücksicht auf seinen Umfang von dem 
Verordnungsrechte im Gebiete des Zoll- und Handelswesens, obgleich R.V. 
a. 7 seine ursprüngliche Stellung, als a. 37 der norddeutschen Verfassung, dort 
hatte. Denn die Abgrenzung der Gesetzgebung und des Verordnungsrechtes 
stützt sich auch im Gebiete des Zoll- und Handelswesens nicht auf a. 37 der 
nordd. Verf. — jetzt R.V. a. 7 — sondern auf a. 40 und damit auf die Stoff- 
verteilung, welche die Zollvereinsverträge, insbesondere der Vertrag vom 
16. Mai 1865, zwischen dem Hauptvertrage einerseits und den Nebenverträgen 
(den Separatartikeln, Schlufsprotokollen) andererseits vorgenommen hatten. Es 
ist selbstverständlich, dafs ein solcher äufserlicher Mafsstab eine Verallge- 
meinerung oder Übertragung auf andere Gebiete an sich unmöglich macht.
	        
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