Full text: Deutsches Staatsrecht. Erster Band: Die Grundlagen des deutschen Staates und die Reichsgewalt. (1)

$ 45. Der Umfang des allgemeinen Verordnungsrechtes. 279 
8 45. 
Der Umfang des allgemeinen Verordnungsrechtes. 
Der Umfang des allgemeinen Reichsverordnungsrechtes empfängt 
Grenzen und Inhalt durch ein dreifaches Moment. 
I. Die Einrichtungen und Verwaltungsvorschriften, über welche 
der Bundesrat beschliefst, sind keine selbständigen. Sie müssen in 
dem zeitlichen und sachlichen Abhängigkeitsverhältnis zu einem vorher- 
gehenden Gesetze stehen, welches als Ausführung bezeichnet wird. 
Aber das Verhältnis ist nicht dasselbe, welches uns gestattet, ein 
Gesetz in Beziehung auf ein anderes Ausführungsgesetz in einem 
weiteren Sinne zu nennen. Für eine solche Aussage genügen die 
inneren psychologischen Motive des Gesetzgebers, welche das nach- 
folgende Gesetz als veranlalst durch das vorhergehende ergeben, 
sei es dafs beide derselben Verwaltungsaufgabe dienen und nur die 
zeitliche Folge das eine von dem anderen als abhängig erscheinen 
läfst, sei es dafs das zweite auch sachlich eine zweckgemäfse Fort- 
bildung und Ergänzung des ersten bildet. Im Gegensatze hierzu stellt 
R.V. a. 7,2 die Anforderung, dafs die beschlossenen Verwaltungsvor- 
schriften zur Ausführung eines vorhergehenden Gesetzes „erforder- 
lich“ sind. Erforderlich zur Ausführung eines Gesetzes ist aber 
eine Mafsregel nur unter zwei Voraussetzungen: 
wenn die erkennbare Absicht des auszuführenden Gesetzes 
dahin geht, dafs seine Anordnungen unmittelbar ohne Dazwischen- 
treten eines weiteren gesetzgeberischen Aktes Geltung haben und 
darum den ihrem Inhalt entsprechenden praktischen Erfolg erzielen 
sollen, 
wenn aber die Verwirklichung dieser Absicht des Gesetzes 
durch die Bewerkstelligung einer Einrichtung oder durch den Er- 
lafs einer anderweitigen Anordnung bedingt ist. 
In diesem Sinne kann und darf die „erforderliche“ Ausführungs- 
mafsregel niemals contra oder praeter oder auch nur intra legem, sie 
muls vielmehr secundum legem sein. Sie muls in ihrer konkreten 
Gestaltung die Annahme rechtfertigen, dafs sie von dem Gesetze selbst 
gewollt sei, weil das Gesetz ohne die ‚Absicht, zu derselben zu er- 
mächtigen, mit sich selbst in Widerspruch treten würde. Der Rechts- 
gültigkeit der Bundesratsbeschlüsse ist darum nicht nur die „negative 
Schranke“ gezogen, „dals die Verordnung nicht dem Gesetze wider- 
sprechen darf“. Es genügt nicht, dafs die Beschlüsse enthalten: „was 
auf der einen Seite zur Ausführung der Gesetze geeignet und auf 
der anderen Seite nicht dem Wortlaut oder dem Geist eines Gesetzes
	        
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