8 45. Der Umfang des allgemeinen Verordnungsrechtes. 283
nicht von den gesetzgebenden Faktoren, sondern von der „Verwaltung“,
von den mit der vollziehenden Verwaltung betrauten Organen des
Staates getroffen werden.
Nur in diesem letzteren Sinne ist das Wort „Verwaltungsvor-
schrift“ eine in der positiven Gesetzgebung feststehende Terminologie.
Und zwar ist dies der Fall gerade in demjenigen Gebiete der Ver-
waltung, aus welchem R.V. a. 7 herstammt, nämlich im Gebiet der
Zoll- und Steuerverwaltung. So wird der Ausdruck schon in der
Gesetzgebung zur Zeit und infolge der Zollvereinigungsverträge ge-
braucht. Das preufsische Zollstrafgesetz vom 23. Januar 1838 $ 18
ahndet mit Ordnungsstrafen:
„die Übertretung der Vorschriften des Zollgesetzes und der
Zollordnung, sowie der infolge derselben öffentlich bekanntge-
machten Verwaltungsvorschriften‘“.
Und dieser Ausdrucksweise schlielst sich die ganze Reihe der Zoll-
und Steuergesetze des norddeutschen Bundes, und des Reiches an,
welche fast ausnahmslos in noch schärferer Gegenüberstelluug pönalisiert:
„die Übertretung der Vorschriften dieses Gesetzes, sowie
der infolge desselben öffentlich bekannt gemachten Verwal-
tungsvorschriften“°.
Hier kann es keinem Zweifel unterliegen, dafs die „Verwaltungs-
vorschriften“ alle nicht gesetzlichen, sondern von der „Verwaltung“
erlassenen Vorschriften bedeuten ohne jeden Unterschied, ob sie auf
der Initiative des Bundesrats oder der Einzelstaaten beruhen, ob sie
von den Centralorganen oder von untergeordneten Behörden ergehen,
ob sie besondere oder allgemeine Einrichtungen betreffen, voll-
kommen gleicheültig insbesondere, ob sie ihrem Inhalte nach sich als
ausführende oder als ergänzende oder als autorisierte
Ausnahme-Bestimmungen und ob sie ihrer rechtlichen Natur
nach sich als rechts- oder gesetzvertretende Verordnungen oder als
Vollzugsverordnungen, insbesondere als Verwaltungsvorschriften im
objektiven, theoretischen Sinne darstellen !°.
Wir haben keinerlei Recht zu der unerweisbaren Annahme, dafs
die Ausdrucksweise der Verfassung eine andere sei als die der Gesetze.
Dies um so weniger, als die andere, die theoretische Terminologie
9» Z. B. Vereinszollgesetz vom 1. Juli 1869 $ 152, Brausteuergesetz vom
31. Mai 1872 8 35, Tabaksteuergesetz vom 16. Juli 1879 $ 40, Branntwein-
steuerfreiheitsgesetz vom 19. Juli 1879 $ 4, Branntweinsteuergesetz vom
24. Juni 1887 $ 26. Zuckersteuergesetz vom 9. Juli 1887 8 49.
10 S. Löbe, Das deutsche Zollstrafrecht, 2. Aufl., 1890, S. 134 ff.