284 II. Buch. Die Reichsgewalt.
sich in keiner Weise zu einem gemeingültigen, seines Sinnes sichern
Sprachgebrauch befestigt hat!!.
Aber gerade darum, weil die positivrechtliche Bedeutung eine
subjektive und folgeweise eine ganz allgemeine, jede beliebige Vor-
schrift umfassende ist, darum kann das Wort „Verwaltungsvorschriften“
in R.V. a. 7,2 an und für sich, herausgerissen aus seinem Zusammen-
hange, auch nicht das mindeste aussagen über die Voraussetzungen,
unter denen sie rechtsgültig beschlossen und rechtsverbindlich erlassen
werden können. Vielmehr liegt auch hierfür die bestimmende Kraft
in dem Worte:
„die zur Ausführung der Reichsgesetze erforderlichen“.
Erst das Verhältnis zu dem ausführenden Reichsgesetze ist es,
welches über die Voraussetzungen und den rechtlich zulässigen Inhalt
des auf den Beschlüssen des Bundesrates beruhenden Verordnungs-
rechtes Auskunft erteilen kann. Dieses Verhältnis aber wiederum ist
nach der verschiedenen Natur der Verordnungen als Rechts- oder
Vollzugsverordnungen mit innerer Notwendigkeit ein verschiedenes.
l. Rechts-, gesetzvertreteude Verordnungen einer-
seits und Gesetze andererseits sind ihrem Inhalte nach vollkommen
gleichartig; beide erzeugen in Kraft ihrer Autorität rechtsgültig und
rechtsverbindlich Rechtssätze.e Darum sind aber auch beide im Ver-
hältnis zueinander an sich und ohne Hinzutreten besonderer Umstände
unabhäneig und selbständig; sie stehen genau so wie zwei (Gesetze,
welches auch ihre Zeitfolge und die innere psychologisch - politische
Motivierung ihres Erlasses sei, vom formell-juristischen Standpunkt
aus im Verhältnis der Ergänzung. Darum kann im Rechtssinne
unter keiner anderen Voraussetzung von einer Rechtsverordnung aus-
gesagt werden, dals sie zur Ausführung eines Gesetzes diene und
dazu erforderlich sei, als wenn das auszuführende Gesetz selbst in der
Absicht, um den von ihm gewollten Erfolg zu verwirklichen, den Er-
lafs der Rechtsverordnung vorschreibt, sei es in der Form des Gebots
oder der Ermächtigung. Eine au[serhalb des fraglichen Gesetzes
stehende allgemeine Ermächtigung vermag das Recht zu er-
gänzenden Rechtsverordnungen zu gewähren, aber nur der be-
sondere Inhalt, der besonders ausgesprochene Wille des kon-
kreten auszuführenden Gesetzes kann eine Rechtsverordnung zu einer
erforderlichen Ausführungsverordnung stempeln '?.
11 So auch Arndt, Verordnungsrecht S. 43ff.,, entgegen Laband,
Staatsrecht d. deutschen Reiches I 597.
12 ,aband, Staatsrecht d. deutschen Reiches I 59. 706. Hänel,
Studien II 282 ff.