Full text: Deutsches Staatsrecht. Erster Band: Die Grundlagen des deutschen Staates und die Reichsgewalt. (1)

290 II. Buch. Die Reichsgewalt. 
I. Das ergiebt zunächst der unzweideutige Wortlaut der Ver- 
fassungsklausel. Der Bundesrat „erläfst“ nicht Verordnungen, wie 
der Text aller analogen Verfassungsbestimmungen besagt, sondern 
„der Bundesrat beschlielst über die — Verwaltungsvorschriften und 
Einrichtungen“. 
So wenig der Bundesrat nach Art. 7 No. 1 die „Vorlagen“ an 
den Reichstag selber macht und die beschlossenen Gesetze selbst er- 
läfst, sondern nur über die durch den Kaiser an den Reichstag 
zu bringenden Vorlagen und über die von ihm zu erlassenden Gesetze 
beschliefst; so wenig derselbe nach No. 2 die zur Ausführung der 
Gesetze erforderlichen Einrichtungen selbst bewerkstelligt, sondern 
über deren Bewerkstelligung in den Einzelstaaten beschlielst; so 
wenig derselbe nach No. 3 die etwaigen einzelnen Verwaltungs- 
malsregeln, welche zur Abstellung von „Mängeln“ erforderlich sind, 
selber trifft, sondern nur über die von den Einzelstaaten in dieser 
Veranlassung zu treffenden Verwaltungsmalsregeln beschliefst, so wenig 
vermag dies der Bundesrat in Rücksicht auf die „Verwaltungs- 
vorschriften“. Denn eine andere Annahme kann nur gemacht werden 
unter vollkommener Verkehrung der grammatischen Konstruktion und 
unter Herausreifsung und ausnahmsweiser Behandlung des einen 
Punktes der „Verwaltungsvorschriften“ aus und in einem gleichartigen 
Zusammenhange. 
Diese Auslegung wird dadurch unterstützt, dafs für das Gebiet 
des Zoll- und Handelswesens die Bestimmungen des Zollvereins- 
vertrages vom 16. Mai 1865 a. 34: „Die Verkündigung der gemein- 
schaftlichen Verträge, Gesetze und Verordnungen überhaupt ge- 
schieht in jedem der vereinten Staaten im Namen der Regierung“ 
nach R.V. a. 40 in Verbindung mit a. 1 des Zollvereinsvertrages vom 
8. Juli 1867 in Gültigkeit geblieben sind, „soweit sie nicht durch die 
Vorschriften dieser Verfassung abgeändert worden sind“. Abgeändert 
sind sie aber wie durch die norddeutsche so auch durch die Reichs- 
verfassung nur in Bezug auf Verträge und Gesetze, nicht aber in 
Bezug auf Verordnungen. Die blofse Umstellung des a. 37 der nord- 
deutschen Verfassung in die allgemeinen Abschnitte der Reichs- 
verfassung hat eine solche Abänderung für das Zoll- und Handels- 
wesen weder bewirken wollen noch bewirkt. Und gerade hierdurch 
in Verbindung mit dem Umstande, dafs die Reichsverfassung jede 
Vorschrift über die rechtsverbindliche Verkündigung der auf a. 7, a 
gestützten Verordnungen unterlassen hat, ist der Schluls gerechtfertigt, 
dafs auch dieses allgemeine Verordnungsrecht des Bundesrats keine
	        
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