Full text: Deutsches Staatsrecht. Erster Band: Die Grundlagen des deutschen Staates und die Reichsgewalt. (1)

$ 2. Das Augustbündnis. 19 
im übrigen aber sich jeder willkürlichken Abweichung zu ent- 
halten !®. 
Aber auch die Grundstellung des Parlaments hatte das August- 
bündnis bestimmt. Denn in seiner gemeingültigen Bedeutung konnte 
und wollte das Wort „Parlament“ nur einen Vertretungskörper be- 
zeichnen, welcher für die ihm zugeschriebenen Beratungen und Be- 
schlüsse unverantwortlich, welcher an irgend welche Instruktion sei 
es der Regierungen, sei es der Wähler oder sonstiger Interessenten 
nicht gebunden, welcher von jeder autoritativen, in den parlamentarischen 
Formen sich nicht bewegenden Beeinflussung frei sein sollte !!. 
Endlich definierte das Augustbündnis die Rechte, die dem 
Parlament eingeräumt werden sollten. Seine Mitwirkung an dem Ver- 
fassungswerke sollte darin bestehen, dafs ihm der von den Regierungen 
festgestellte Verfassungsentwurf zur „Beratung und Verein- 
barung“ vorgelegt werden sollte. Damit verpflichteten und be- 
rechtigten sich die Verbündeten gegenseitig, nur eine Verfassung zum 
Inhalte ihrer Vereinbarung zu erheben, welche die Zustimmung 
des Parlaments gefunden hatte!?. 
10 Unanwendbar waren die Bestimmungen des Reichswahlgesetzes über 
die Wahlberechtigung und Wählbarkeit jedes „Deutschen* — 88 1.5 —, über 
die Bestimmung des Wahltages durch die Reichsregierung — $ 16. Dem 
Augustbündnis widersprach die Zusammenlegung mehrerer Kleinstaaten zu 
einem Wahlkreis —8 9 —. 
11 Die $$ 16 u. 17 des preulsischen Wahlgesetzes vom 15. Okt. 1866 
waren in diesem Sinne nur deklaratorisch. Selbstverständlich konnte aber 
$ 16 Geltung nur gewinnen unter der zugetroffenen Voraussetzung der gleichen 
Auffassung auch der übrigen verbündeten Staaten, während $ 17 selbständig 
die preufsischen Behörden band. 
12 Binding, Gründung S. 6, stellt den Satz auf, dafs „ein Staatsvertrag, 
der zu seiner Gültigkeit der Zustimmung eines ad hoc einberufenen Parlaments 
bedarf, ganz undenkbar ist“. Allein das ist eine apodiktische, durch nichts 
begründete Behauptung. Es widerspricht weder der allgemeinen Natur des 
Vertrages noch irgend welchen Sätzen des positiven, privaten oder Öffent- 
lichen Rechtes, dafs die Beteiligen den näheren Inhalt einer Vereinbarung, 
den sie in einem pactum de contrahendo in Aussicht nehmen, von der Mit- 
wirkung — sei es der begutachtenden oder zustimmenden — irgend eines 
Dritten abhängig machen. Es ist im konkreten Fall durchaus nicht einzu- 
sehen, warum die erfolgte Vereinbarung der Regierungen über die dem nord- 
deutschen Bunde zu gebende Verfassung darum weniger ein Vertrag sein soll, 
weil dieselbe die vertragsmäfsig vorgesehene Zustimmung des ad hoc be- 
rufenen Parlamentes gefunden hat. Übrigens würde selbst dann, wenn man 
unzulässigerweise annähme, dafs die Vereinbarung der Verfassung um der 
Mitwirkung des Parlamentes willen kein vertragsmäfsiger, sondern ein staats- 
rechtlicher Akt und mithin, dafs die ad hoc getroffene Organisation Nord- 
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