$ 49. Die Bedeutung der Beaufsichtigung im Sinne der R.V. a. 4. 209
einfachen Gesetzgebung nicht nur dem Umfange nach zu erweitern,
sondern dasselbe auch zu einer grölseren Vielseitigkeit und mit einer
stärkeren Wirkuneskraft auszugestalten, als dies dem Einzelstaate mög-
lich ist. Denn die Gesetzgebung des Reiches vermag Verordnungsrechte
nieht nur seinen eigenen Organen, sondern auch den Einzelstaaten,
sei es als solchen, sei es bestimmten Organen und Körperschaften
derselben, zu verleihen und zwar mit der Wirkung, dals die reichs-
gesetzlichen Ermächtigungen jede entgegenstehende partikulare Norm
über die Voraussetzungen des Verordnungsrechtes beseitigen und dafs
die daraufhin erlassenen Verordnungen dieselbe Kraft des „Vorgehens“
gewinnen, die jedem,Reichsgesetz gegenüber jeder partikularen Norm
beiwohnt®.
III. Abschnitt.
Die Beaufsichtigung‘.
8 4.
Die Bedeutung der Beaufsichtigung im Sinne der R.V. a. 4.
I. Mit der „Beaufsicehtigung“ des Staates verbindet nicht
nur der gemeine, sondern auch der gesetzliche Sprachgebrauch. einen
weiten, allgemeinen Sinn. Das Wort bezeichnet alsdann die
Beobachtung und die Ermittelung der für die Gesellschaft wichtigen
Thatbestände und zwar, um zu dem Urteile zu gelangen, ob und welche
Thätigkeit des Staates in Gemäfsheit der ihm gestellten Aufgaben er-
forderlich, notwendig oder zweckmäfsig ist. In diesem Sinne richtet
sich die Beäufsichtigung auf alle Erscheinungen der Natur und der
Gesellschaft, welche Voraussetzung, Gegenstand oder Mittel der Staats-
thätigkeit sein können’.
6 Die Frage, ob das Reich noch weitere Verordnungsrechte aus R.V. a. 17
gewinnt, haben die Erörterungen über die „Beaufsichtigung“, „Überwachung“
zu beantworten. 8. $ 51.
! Rümelin, Das Beaufsichtigungsrecht des deutschen Reiches, Zeitschr.
f. ges. Staatswissenschaft XXXIX 195 ff. v. Rönne, Staatsrecht d. deutschen
Reiches I 231ff.; Hı 68f. Laband, Staatsrecht d. deutschen Reiches I 105.
237 f. 698 ff. 707.
®? Z. B. Nahrungsmittelgesetz vom 14. Mai 1879 $ 1: „Der Verkehr mit
Nahrungs- und Genufsmitteln unterliegt der Beaufsichtigung nach Mafs-
gabe dieses Gesetzes“.