Full text: Deutsches Staatsrecht. Erster Band: Die Grundlagen des deutschen Staates und die Reichsgewalt. (1)

300 II. Buch. Die Reichsgewalt. 
Sie ist erforderlich für alle Verwaltungszweige, wie sie sich nach 
den Staatsaufgaben gliedern. 
Sie ist ebenso Voraussetzung für jede Funktion des Staates, so- 
wohl für die Gesetzgebung als auch für jede Art der Vollziehung. 
Für die letztere ist sie insbesondere das unentbehrliche Mittel, um 
die mannigfachen Rechte der Genehmigung, der Beanstandung, des 
Einspruches oder Verbotes zur Geltung zu bringen, welche, über alle 
Verwaltungszweige zerstreut, dem Staate zur Wahrung öffentlicher 
Interessen gewährt sind. 
Ist die Beaufsichtigung in diesem Sinne notwendiger Bestandteil 
aller und jeder Staatsthätigkeit, unter welchem Gesichtspunkt man sie 
auch betrachte, so ist es nicht weniger selbstverständlich, dafs dieselbe 
wiederum Gegenstand der Gesetzgebung und der Organisation des 
Staates sein kann und sein muls. 
Die Gesetzgebung hat festzustellen, in welchen Formen und 
mit welchen Mitteln die Beaufsichtigung erfolgt, ınithin welche Rechte 
und Pflichten sich daraus entwickeln. Hier treten insbesondere im 
Verhältnis zu den Unterthanen die Pflichten der Auskunft, des Zeug- 
nisses, der sachverständigen Begutachtung und der Verstattung des 
Augenscheines hervor. 
Die Organisation der Beaufsichtigung aber weist eine doppelte 
‚Erscheinung auf. Zu einem Teil ist die Beobachtung und Ermittelung 
ungetrennter Bestandteil der Kompetenz der nach anderweitigen Ge- 
sichtspunkten geordneten Organe des Staates. Zu einen anderen Teile 
ist dieselbe die besondere Kompetenz besonderer Behörden im Dienste 
der Förderung der Wissenschaft oder praktischer Zwecke. 
Das, was der Natur der Sache nach von jedem Staate gilt, gilt 
auch vom Reiche. 
Die Beaufsichtigung in diesem allgemeinen Sinne ist nicht eine 
der besonderen Hervorhebung und Feststellung bedürftige Kompetenz 
des Reiches, sondern notwendiger und darum selbstverständlicher Be- 
standteil jeder ihm durch die Verfassung beigelegten Kompetenz. Das 
Recht der Gesetzgebung befalst ohne weiteres das Recht, alle die- 
jenigen Beobachtungen und Ermittelungen anzustellen, welche er- 
forderlich sind, um eine gesetzgeberische Thätigkeit zu ermöglichen 
‚und sachgemäls zu gestalten. Und dasselbe gilt von der vollziehenden 
Gewalt, soweit dieselbe dem Reiche überhaupt zusteht. Das Reich 
hat demgemäls auch für die Zwecke der Beobachtung und Ermittelung, 
einschlielslich der sachverständigen Begutachtung, besondere Organi- 
sationen geschaffen; so das statistische Amt, die Seewarte, die tech- 
nische Kommission für die Seeschiffahrt. Es hat nicht minder diese
	        
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