$ 50. Umfang, Mafsstab und Grenzen der Beaufsichtigung. 303
Die „Beaufsichtigung“ dagegen ist dasjenige Recht des
Reiches, welches zur Voraussetzung und zugleich zum Gegenstande
das verfassungsmälsige Recht der Einzelstaaten hat, an der Erfüllung
der dem Reiche zugeschriebenen Staatsaufgaben durch ihr Verhalten
und ihre Thätigkeit mitzuwirken.
Hiernach entspricht das Wort „Beaufsichtigung“ in R.V. a 4 für
das Reich in seinem Verhältnis zu den Einzeistaaten derjenigen Be-
deutung, welche es im Einheits- oder Einzelstaat für diesen im Ver-
hältnis zu den ihm eingeordneten Selbstverwaltungskörpern besitzt. Es
bezeichnet den Inbegriff derjenigen Befugnisse, welche die Vollziehung,
die Ausführung auf den Gebieten der materiellen Reichskompetenz
einerseits als das verfassungsmälsige Recht der Einzelstaaten zur
Voraussetzung nehmen, andererseits aber auch zu einer verfassungs-
mälsigen Verpflichtung gegenüber dem Reiche erheben. Darum ergeben
der Umfang und der Inhalt, die Grenzen und die Mittel der Beauf-
sichtigung dasjenige Grundverhältnis, welches zwischen dem Reiche
und den Einzelstaaten überall da obwaltet, wo jenes nicht eigene und
unmittelbare Verwaltungsbefugnisse entwickelt und diese nicht als
selbständige aufserhalb der Reichskompetenz wirksame Staatswesen
erscheinen.
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Umfang, Mafsstab und Grenzen der Beaufsichtigung.
I. Aus der ungetrennten Beziehung, in welche der Wortlaut der
R.V. a. 4 die „Beaufsichtigung“ des Reiches mit der „Gesetzgebung“
setzt, folgt es, dals der Umfang der Beaufsichtigung sich mit dem
des Rechtes zur Gesetzgebung deckt.
Dieser Umfang wird daher positiv bezeichnet durch die „Angelegen-
heiten“, die Verwaltungszweige, welche R.V. a. 4 kataloegisiert. Aber
er wird auch negativ verkleinert durch die Exemtionen, welche ein-
zelnen Staaten von der Kompetenz des Reiches eingeräumt werden;
so für Bayern durch den Ausschlufs der Heimats- und Niederlassungs-
verhältnisse.
Allein die Katalogisierung der R.V. a. 4 hat nicht den Charakter
der Ausschlielslichkeit in dem Sinne, dals die Kompetenz des Reiches
nicht auch durch anderweitige Verfassungsbestimmungen ergänzt würde
und dafs dieselbe durch verfassungsändernde Gesetze nicht erweitert
werden könnte. Und gerade hierfür können wir aus dem Deckungs-
verhältnisse zwischen Gesetzgebung und Beaufsichtigung mit genügender
Sicherheit den weiteren Schlufs ziehen, dafs in allen den Fällen, in