Full text: Deutsches Staatsrecht. Erster Band: Die Grundlagen des deutschen Staates und die Reichsgewalt. (1)

$ 5l. Die Beaufsichtigungsmittel. 313 
I. Nach R.V. a. 7,3 beschliefst der Bundesrat über Mängel, 
welche bei der Ausführung der Reichsgesetze selbst oder der zu ihrer 
Ausführung angeordneten allgemeinen Verwaltungsvorschriften und 
Einrichtungen hervortreten. 
Diese Mängelabhülfe ist Attribut des Bundesrates. Sie kann 
zwar auch durch die kaiserlichen Überwachungesbefugnisse, aber nicht 
minder durch den Antrag jedes anderen Bundesgliedes veranlalst 
werden. 
Sie dient nicht schlechthin dem Beaufsichtigungsrecht des Reiches 
im Sinne der R.V. a. 5. Es ist das überall da nicht der Fall, wo 
der abzuhelfende Mangel in der Mangelhaftigkeit der Gesetze oder 
Anordnungen des Reiches selbst oder der durch die Reichsorgane selbst 
wahrzunehmenden Ausführung liest. Vielmehr ist die Mängelabhülfe 
erst unter der Voraussetzung Mittel der Beaufsichtigung, wenn der 
Zorn, Reichsstaatsrecht I 132, Laband, Staatsrecht d. deutschen Reiches 
I 594. — Allerdings mufs zugestanden werden, dafs die Fassung des Regie- 
rungsentwurfes der norddeutschen Verfassung a. 18 (jetzt 17): „Dem Prä- 
sidium steht die Ausfertigung und Verkündigung der Bundesgesetze und die 
Überwachung der Ausführung derselben zu. Die hiernach von dem Präsidium 
ausgehenden Anordnungen werden im Namen des Bundes erlassen und von 
dem Bundeskanzler mitunterzeichnet“ — eine Deutung auf ein dem Präsidium 
zustehendes Ausführungsverordnungsrecht zwar nicht kraft aber infolge seines 
Überwachungsrechtes zuliefs, ja forderte. Man vergleiche hierzu nur die 
überall hervortretende Verbindung des Rechtes der Verkündigung der Gesetze 
mit dem der Ausführungsverordnung in R.V. 1849 a. 80. U.V. a. 78. Preufs. 
Verf. a. 45. Allein das entscheidende Wort „hiernach“ wurde von dem 
konstituierenden Reichstag gestrichen, um in der jetzigen Fassung eine ganz 
allgemeine Klausel zu gewinnen, welche alle „Anordnungen und Ver- 
fügungen“ des Bundespräsidiums der verantwortlichen Gegenzeichnung des 
Bundeskanzlers unterwarf. Dadurch gewann der zweite Satz des a. 17 nur 
die Bedeutung einer Vorschrift für die konstitutionelle Form aller 
kaiserlichen Erlasse, während die Frage, in welchen Fällen und in welchem 
Umfange dem Präsidium ein Verordnungs- oder Verfügungsrecht zustand, 
nach strenger Auslegung nur in den anderweitigen Bestimmungen der Ver- 
fassung oder in der weiteren Entwickelung der Gesetzgebung ihre Fest- 
stellung finden konnte. Mochte nun aber selbst während der norddeutschen 
Verfassung noch in weiterer Auslegung auf den ursprünglichen Sinn der Re- 
gierungsvorlage trotz der geschehenen Umwandlung derselben zurückgegriffen 
werden, so wurde dies doch durch die Reichsverfassung fernerbin ausgeschlossen, 
welche in der neuformulierten allgemeinen Bestimmung des a. 7,2 überall da, wo 
überhaupt ein Ausführungsverordnungsrecht begründet ist, den Bundesrat als 
das berechtigte Organ bestimmt, wenn nicht ausdrücklich durch Reichsgesetz 
etwas anderes vorgeschrieben ist. Als ein solches, die Bundesratskompetenz 
brechendes Gesetz kann aber die blofse Formvorschrift im zweiten Satze des 
a. 17 nicht gelten. S. Hänel, Studien II 74 ff.
	        
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