314 I. Buch. Die Reichsgewalt.
Mangel durch die dem Einzelstaate obliegende Ausführung ver-
ursacht ist.
Aber selbst unter dieser Voraussetzung kann der Beschluls des
Bundesrates einen doppelten Inhalt annehmen. Er kann dem ent-
deckten Mangel durch eine allgemeine Verordnung abzuhelfen suchen.
Hier giebt die Beaufsichtigung nur den Anlafs zur Ausübung eines
dem Reiche kraft der Verfassung oder der Gesetze zustehenden Ver-
ordnungsrechtes. Zu einem Mittel der Beaufsichtigung schlechthin
wird die Mängelabhülfe erst in dem anderen Falle, wenn der Beschluls
des Bundesrates die specielle Entscheidung trifft, dafs dem festgestellten
Mangel durch den Einzelstaat, durch dessen Staatsgewalt abzuhelfen
sei, mag es sich hierbei um Verbesserung mangelhafter oder um Nach-
holung unterbliebener Anordnungen und Einrichtungen handeln. Hier
liest eine reine Aufsichtsverfügung vor, deren Befolgung verfassungs-
mäfsige Pflicht ist.
III. An letzter Stelle steht die Reichsexekution nach Mals-
gabe R.V. a. 19.
Auch sie greift nicht blois dann Platz, wenn es sich um die
Stellung der Einzelstaaten zum Reiche handelt, in der sie wie Selbst-
verwaltungskörper erscheinen, sondern auch dann, wenn es sich um
anders geartete, einfache Verpflichtungen der Einzelstaaten gegen
das Reich handelt, wie etwa die Zahlung der Matrikularbeiträge oder
die Besetzung des Bundesrates. Aber auch sie dient der Beauf-
sichtigung.
Die Exekution ist zunächst das verfassungsmälsige Zwangsmittel
dann, wenn der Einzelstaat einer im Wege der Mängelabhülfe er-
gangenen Aufsichtsverfügung den Gehorsam verweigert.
Aber sie hat auch eine hiervon unabhängige Bedeutung. Denn
.die Mängelabhülfe nimmt zur Voraussetzung und zum Ziel das Vor-
handensein und die Feststellung des objektiven Thatbestandes eines
in der Ausführung der Einzelstaaten begründeten Mangels. Da jedoch,
wo nach Lage des Falles das subjektive Moment in den Vordergrund
tritt, wo den berechtigten Anforderungen des Reiches an die aus-
führende Thätigkeit der Einzelstaaten sich der Ungehorsam, die ver-
schuldete „Nichterfüllung verfassungsmäfsiger Bundespflichten“ ent-
gegenstellt, da wird das Exekutionsrecht des Reiches ohne weiteres
das rechtliche Mittel der Beaufsichtigung. Der Bundesrat wird nicht
auf Grund der R.V. a. 7,3, sondern auf Grund der R.V. a. 19 die
Entscheidung zu treffen und der Kaiser sie zu vollstrecken haben.
B. Nach dem Wortlaut der einschlagenden Bestimmungen der
Reichsverfassung bezieht sich sowohl die Überwachung des Kaisers