$ 53. Die „eigene und unmittelbare Verwaltung“ des Reiches. 323
und Pflichten mit einem Schlagwort zu verdeutlichen, dafs aber die
Einzelstaaten in ihrer realen, untrennbaren Einheit Selbstverwaltungs-
körper, ihre Rechte Selbstverwaltung nicht sind.
IV. Kapitel.
Die ‚„‚eigene und unmittelbare Verwaltung‘ des Reiches.
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Eigen ist dem Reiche eine Funktion, wenn sie als subjektives
Recht demselben als einem selbständigen, von den Einzelstaaten ver-
schiedenen Rechtssubjekte zusteht. Ihre Ausübung wird regelmäfsig
die Kompetenz eines Organes des Reiches selbst bilden. Aber es ist
auch nicht ausgeschlossen, dafs dieselbe durch ein Organ des Einzel-
staates erfolgt, vorausgesetzt dafs dies geschieht als Ausübung fremden
Rechtes, mithin in Ableitung von dem Reiche und in dessen Namen.
Unmittelbar ist eine Funktion des Reiches, wenn die recht-
lichen oder thatsächlichen Wirkungen, die ihrer Absicht nach damit
verbunden sind, durch ihre Ausübung ohne weiteres, d. h. ohne dafs
es eines vermittelnden Aktes der einzelstaatlichen Regierungsgewalt
bedarf, erzeugt werden°.
In diesem Sinne ist auch die Gesetzgebung des Reiches
eigene und unmittelbare Funktion. Und das Gleiche gilt von der
Beaufsichtigung mit ihren vollziehenden Mafsregeln in Über-
wachung, Entscheidung, Vollstreckung; denn sie werden zwar an den
Einzelstaaten, nicht aber mittels derselben vollzogen.
ı M. Joöl, Das Gesetz, betreffend die Stellvertretung des Reichskanzlers
vom 17. März 1878 — Hirths Annalen 1878 S. 761f. Laband, Staatsrecht
d. deutschen Reiches I 702 f£., insbesondere S. 709. 710.
?2 Die Kompetenz des Reichsrechnungshofes und der Reichsschuldenver-
waltung ist dem Reiche eigen, obwohl sie durch die preufsische Oberrechnungs-
kammer und durch die preufsische Hauptverwaltung der Staatsschulden aus-
geübt wird.
3 Zur Unmittelbarkeit gehört nicht notwendig die unmittelbare Beziehung
auf die Unterthanen. So ist die Dienstgewalt des Reiches über seine Be-
hörden und Beamten eigene und unmittelbare Verwaltung, obwohl sie un-
mittelbare Beziehungen zu den Unterthanen nicht stiftet. Dasselbe gilt
von der privatrechtlichen Vermögensverwaltung des Reiches, obwohl hier
die Beziehungen zu den daran beteiligten Dritten diese nicht in ihrer Eigen-
schaft als Unterthanen ergreifen.
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