Full text: Deutsches Staatsrecht. Erster Band: Die Grundlagen des deutschen Staates und die Reichsgewalt. (1)

326 I. Buch. Die Reichsgewalt. 
zu Bestandteilen eigener und unmittelbarer Verwaltung, wenn die 
Selbstverwaltungskörper, auf die sie sich beziehen, reichsunmittelbare 
sind, wie dies bei der normalen Gestaltung der Berufsgenossenschaften 
und der Invaliditäts-Versicherungsanstalten Platz greift. 
3. Der Umfang der vollziehenden Malsregeln, welche eine 
eigene und unmittelbare Verwaltung des Reiches darstellen, ist ein 
durchaus verschiedener. 
Vielfach ist das Reich nur befugt zu bestimmten einzelnen 
Malsregeln der Vollziehung. Und zwar erfolgt diese Speecialisierung 
bald durch die Bezeichnung einer einzelnen konkreten Malsregel, 
z. B. die Verleihung von Korporationsrechten an Innungsverbände 
kraft der Ermächtigung der Gewerbeordnung, bald durch die Be- 
stimmung der Kompetenz einer Reichsbehörde, z. B. die oberste 
Rechtsprechung des Reichsgerichts. Hier überall verbleibt es, soweit 
die Speeialisierung nicht eingreift, für das einschlagende Gebiet bei 
dem Grundsatz, dafs die vollziehende Verwaltung den Einzelstaaten 
nur unter der Beaufsichtigung des Reiches zusteht; so insbesondere 
die Handhabung der Gewerbeordnung trotz jener erwähnten ver- 
einzelten Befugnis des Reichskanzlers, so die Ausübung der ordent- 
lichen Gerichtsbarkeit trotz der Zuständigkeit des Reichsgerichtes. 
Aber die unmittelbare und eigene Verwaltung kann sich auch 
auf ein ganzes, durch seinen Gegenstand bestimmtes und begrenztes 
Verwaltungsgebiet erstrecken. Es kann sich, nach dem Sprachgebrauch 
des Stellvertretungsgesetzes — S 2 — ein Amtszweig in der 
eigenen und unmittelbaren Verwaltung des Reiches befinden. Hier 
wird die Gesamtheit der vollziehenden Malfsregeln, welche zur 
Durchführung der gegenständlich bezeichneten Kompetenz erforderlich 
und gesetzlich überhaupt zulässig sind, dem Reiche zugeschrieben. 
Das ist am reinsten geschehen für den Amtszweig der kaiserlichen 
Kriegsmarine. Aber auch bei dergrundsätzlichen Eliminieruug einer 
vermittelnden Vollziehung der Einzelstaaten ist es nicht ausgeschlossen, 
dafs — hier ausnahmsweise — doch auch den Einzelstaaten einzelne 
specialisierte Rechte der Mitwirkung eingeräumt werden. So ist die 
Post- und Telegraphenverwaltung ein Amtszweig in unmittelbarer und 
eigener Verwaltung des Reiches, obwohl den Einzelstaaten das Recht 
der Anstellung für gewisse Beamtenkategorieen vorbehalten ist*. 
* Die Motive des Stellvertretungsgesetzes — Drucks. des Reichstages 
1878 No. 36 — sprechen hier von „Geschäftszweigen“, „bei welchen es sich 
in der Hauptsache um eine Verwaltung des Reiches handelt“.
	        
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