24 I. Buch. Die Grundlagen des. deutschen Staates.
hufs Erreichung des Zieles zu thun oder anerkennend zu dulden
hatten. Anders ausgedrückt: aus dem Inhalte der vereinbarten
Verfassung ergaben sich die konkreten vertragsmälsigen Rechte und
Pflichten, die den Regierungen — allen gemeinsam oder einzelnen
derselben in besonderer Weise — oblagen, um den neuen Bund in
der Rechtsform der vereinbarten Verfassung zu begründen.
Für dieses Ziel war aber ein Doppeltes erforderlich:
eine Umwandelung des partikularen Staatsrechtes,
die Konstituierung des Bundes selbst.
Und dem letzteren trat noch ein Drittes hinzu: ,
die Bestimmung des Zeitpunktes, von dem ab der Bund ins
Leben treten sollte.
Derselbe durfte nach dem -Augustbündnis über die Jahresfrist nicht
hinausliegen, für welche jenes geschlossen war; aber er wurde durch
eine Verständigung der Regierungen auf den 1. Juli 1867 vorgerückt.
I. Die erste Aufgabe der verbündeten Regierungen mulste es
sein, die partikularrechtlichen Voraussetzungen herzustellen, welche
das Inkrafttreten der vereinbarten Verfassung bedingten.
Der geplante Bund war darauf angelegt, die tiefgreifendsten
Änderungen jedes beteiligten Staates herbeizuführen, wie in seiner
äulseren Rechtsstellung durch Eintritt in eine höhere politische Orga-
nisation, so in seinem innern Bestand nach Organisation, Aufgaben
und Funktionen. Einer solchen Umwälzung stand aber der in allen
Staaten geltende Grundsatz entgegen, den die Wiener Schlulsakte
a. 56 dahin formulierte: „Die in anerkannter Wirksamkeit bestehen-
den landständischen Verfassungen können nur auf verfassungsmälsigem
Wege wieder abgeändert werden“?. Darnach war es unzweifelhaft und
?® Binding, Gründung, insbesondere S. 30. 31, giebt dem die durchaus
irreführende Wendung, als ob dem unmittelbaren Inkrafttreten der Bundes-
verfassung nicht sowohl objektives Verfassungsrecht als vielmehr subjek-
tive Rechte der Landstände entgegengestanden hätten, welche behauptet,
auf welche aber auch verzichtet werden konnte. Allein die Mitwirkung der
Volksvertretung bei Verfassungsänderungen ist kein subjektives, verzichtbares
Recht; in dem Sinne nämlich, dafs jeder solcher Verzicht die Abänderung
des objektiven Verfassungssatzes in den vorgeschriebenen Formen fordert,
welcher die Mitwirkung der Volksvertretung anordnet. Damit steht die
Meinung Bindings im Zusammenhange, dafs Verfassungsänderungen nicht
nur in der Form des konstitutionellen Gesetzes, sondern auch mittels Willens-
erklärungen durch konkludente Handlungen, insbesondere in der Form der
konkludenten Unterlassung des Widerspruches rechtsgültig erfolgen können.
Die Leugnung dessen sei eine Verkennung der Bedeutung der Willens-
erklärung durch konkludente Handlung auf dem Boden des öffentlichen Rechtes.
Allein man kann diese Bedeutung vollkommen anerkennen und muls trotzdem