Full text: Deutsches Staatsrecht. Erster Band: Die Grundlagen des deutschen Staates und die Reichsgewalt. (1)

$ 62. Die regulativen Grundsätze der Reichsfinanzwirtschaft. 383 
zurDeckungaufserhalb seineseigenen Wirkungskreises 
liegender Ausgaben. Das hat in der Verfassung ausdrückliche 
Anerkennung gefunden. Das Besteuerungsrecht steht ihm nur zu nach 
a. 4 Nr. 2, insofern es sich um „die für Zwecke des Reichs zu 
verwendenden Steuern“ handelt. 
Daher ist das Reich weder berechtigt noch verpflichtet, die finan- 
zielle Deckung für diejenigen Verwaltungsaufgaben zu übernehmen, 
welche verfassungsmälsig der Kompetenz der Einzelstaaten und ihrer 
korporativen Verbände anheimfallen oder, wie dies in prägnanter Weise 
die Motive zum Entwurfe des Tabakmonopolgesetzes !° ausdrückten, 
„die Beschaffung der notwendigen Mittel für die Einzelstaaten und 
die Kommunen, insbesondere zur Abwendung oder Erleichterung des 
Druckes direkter Steuern“ zu bewerkstelligen. Eine Dotation der 
Einzelstaaten durch das Reich liegt aufserhalb der Verfassung. 
Trotzdem hat die neuere Gesetzgebung diesen Weg beschritten. 
Es wurde 
durch das Zolltarifgesetz vom 15. Juli 1879 8 8 
derjenige Ertrag der Zölle und der Tabaksteuer, welcher die Summe 
von 130 Millionen Mark in einem Jahre übersteigt, 
1. Juli 1881 
29. Mai 1885 5 44 
der Ertrag der Reichsstempelabgaben nach Abzug der gesetzlichen 
Erlasse und Erstattungen, Erhebungs- und Verwaltungskosten, 
durch das Branntweinsteuergesetz vom 24. Juni 1887 8 39 
der Reinertrag der Verbrauchsabgabe den einzelnen Bundes- 
staaten nach dem Malsstabe der Bevölkerung, mit welchem sie zu 
den Matrikularbeiträgen herangezogen werden, überwiesen. 
Unzweifelhaft ist hierdurch eine Änderung der Verfassung be- 
wirkt worden '!. Und zwar bestimmt sich die Tragweite derselben 
durch ein Doppeltes. 
durch das Stempelsteuergesetz vom 
  
1° Drucksachen des Reichstages 1882 No. 7. Einen durchaus anderen 
Sach- und Rechtsverhalt bildet die teilweise Verteilung der französischen 
Kriegskostenentschädigung unter die Einzelstaaten. Denn das Reich ist kraft 
seines Kriegsrechtes kompetent zu jeder Art der Kriegskostenregulierung. Es 
hat daher das volle Recht, die Kosten, Schäden und Nachteile des Krieges 
auch für die Einzelstaaten als solche in Betracht zu ziehen und auszu- 
gleichen. — Die Nichtberechtigung der amerikanischen Union zur Dotation 
der Einzelstaaten ist dem Grundsatze nach allgemein anerkannt, freilich auch 
durch nicht zurückgezahlte Vorschüsse an die Einzelstaaten umgangen. Rütti- 
mann, Nordamerikanisches Bundesstaatsrecht II2 247. 
1ı Vergleiche die Verhandlungen des Reichstages über die sogenannte
	        
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