98 I. Buch. Die Grundlagen des deutschen Staates.
verfassungsmälsige Mitwirkung des Landtages der Vereinbarung über
die norddeutsche Bundesverfassung nachzufolgen hatte. Dem prak-
tischen Erfolge nach hatte sich der preulsische Landtag ein Recht der
Zustimmung oder Verwerfung für die vereinbarte Bundesverfassung vor-
behalten. Und dem preufsischen Beispiele sind dann alle übrigen
Staaten — sei es mit oder ohne die entsprechende Formulierung des
Wahlgesetzes — nachgefolgt.
Aber auch für die nachträgliche Mitwirkung des Landtages
war eine verschiedene Form möglich.
Sie konnte, wenn auch hierdurch nach Mafsgabe des partikularen
Rechtes eine Verfassungsänderung herbeigeführt werden durfte, in
der Form der Zustimmung zu dem Vertrage der Regierung erfolgen,
welcher mit den Bundesgenossen die Bundesverfassung jetzt definitiv
vereinbart hatte. So ist es geschehen in Oldenburg® und Bremen°.
Aber in weitaus der Mehrzahl der deutschen Staaten erfolgte
ein vereinbarender im Sinne des Augustbündnisses blieb, doch überall
zum Durchbruch gekommen, so bei der Übertragung des Auflösungsrechtes
des Reichstages an Preufsen durch den Konferenzbeschlufs vom 18. Ja-
nuar 1867, so in der überwiegenden Zahl der verfassungsverkündenden Parti-
kulargesetze, so endlich in dem Publikandum vom 26. Juli 1867.
8 Dabei war es streitig, ob die Mitwirkung des Landtages bei der ver-
einbarten Bundesverfassung in der Form der Genehmigung eines Staatsver-
trages oder in den erschwerten Formen eines abändernden Verfassungs-
gesetzes stattzufinden habe. Im Ausschufs und im Plenum gab für die erstere
Auffassung die gleiche Behandlung den Ausschlag, die der Verfassungsent-
wurf des Dreikönigsbündnisses gefunden hatte. (Bericht über die Sitzung vom
23. Mai 1867 [2. Versammlung des XV. Landtages] und Anlagen dazu No. 6.)
° Mitteilung des Senates an die Bürgerschaft vom 3. Mai 1867: „Nach-
dem die_verbündeten Regierungen mit dem zu diesem Zwecke berufenen Reichıs-
tage die Verfassung des norddeutschen Bundes vereinbart haben, wird voraus-
sichtlich in nächster Zukunft an den Senat die Aufforderung herantreten, auf
dieser Grundlage den definitiven Bundesvertrag mit der Krone Preufsen und
den übrigen Staaten Norddeutschlands zu vollziehen. Zu diesem Schritte be-
darf der Senat der vorgängigen Zustimmung der Bürgerschaft, welche dem
Vertragsentwurfe, wie er in der Anlage enthalten ist“ — nämlich die be-
schlossene Verfassung d. ndd. B. — „ihre Genehmigung zu erteilen und
damit die darin aufgestellte Bundesverfassung als rechtsver-
bindlich für Bremen anzuerkennen haben würde.“ — „Es versteht
sich dabei von selbst, dafs diese Genehmigung nur unter der
Voraussetzung des Beitrittes sämtlicher in der Vorlage nam-
haft gemachten Staaten auszusprechen sein wird.“ Beschlufs der
Bürgerschaft vom 8. Mai 1867: „In Verfolgung ihres Beschlusses vom 30. Juni
1866% — verfassungsmälsige Zustimmung zu dem in der preufsischen Note
vom 16. Juni 1866 angebotenen Bündnisse, vorbehaltlich der specielle hanse-
atische Interessen betreffenden Abänderungsanträge zu den Grundzügen vom