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3. Vor allen Dingen wurden aber durch die Verfassungsartikel
und die ihnen gleichwertigen Bestimmungen der Zollvereinsverträge
die Kompetenzen des Reiches auf diesem Gebiet der Finanz-
wirtschaft in besonderer Weise geregelt und begrenzt. Auf der einen
Seite erwuchs dem Reiche eine Verstärkung seiner Rechte, indem
den bezeichneten Besteuerungsarten unmittelbar kraft Verfassungs-
gesetzes die Ausschlie[lslichkeit im Verhältnis zum Besteuerungs-
recht der Einzelstaaten beigelegt wurde. Auf der anderen Seite sind
den Einzelstaaten verfassungsmälsige Rechte der Mitwirkung bei
der Finanzwirtschaft des Reiches zugesprochen worden.
Diese besondere Gestaltung der Finanzwirtschaft ergiebt sich aus
der näheren Bestimmung der kompetenzmälsigen Rechte des Reiches
und der Rechtsstellung der Einzelstaaten.
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Die Befugnis des Reiches.
Die Befugnisse des Reiches bezüglich der Zölle und der fünf Ver-
brauchssteuern sind teils die allgemeinen Rechte, welche ihm
grundsätzlich über jeden Gegenstand seiner Kompetenz in Gesetz-
gebung, Verordnungsrecht und Beaufsichtigung zustehen, teils das
besondere Recht auf den Ertrag.
I. Allerdings auch die allgemeine Kompetenz gewinnt an
charakteristischen Punkten eine besondere Gestalt.
l. Die dem Reiche nach R.V. a. 4 Nr. 2 über sein Steuerwesen
zustehende Gesetzgebung wird durch R.V. a. 35 für die hier be-
zeichneten Finanzquellen in durchgreifender, jedes konkurrierende
Recht der Einzelstaaten beseitigender Weise zur Ausschliel[slich-
keit erhoben.
Der Umfang dieser Ausschließslichkeit aber wird durch ein
doppeltes Merkmal festgestellt.
a. Zu einem Teile geschieht dies durch die Besteuerungs-
art. Der ausschliefslichen Gesetzgebung unterliegt die Verzollung
— gleichgültig welchen Gegenstand sie betrifft. Und zwar ist der
Begriffsumfang des Wortes „Zölle“ im Sinne der Zollvereinsverträge
genommen!. Er befafst insbesondere nicht blofs die Grenz-, sondern
auch die Binnenzölle.
können fernerhin solche Anschlüsse nur durch Vertrag des Reiches bewirkt
werden, wie dies rücksichtlich der österreichischen Gemeinde Mittelberg
durch Vertrag vom 22. Januar 1891 geschehen ist.
ı R.V. a. 40.