392 II. Buch. Die Reichsgewalt.
Sache des Reiches ist es die Weite des Begriffes gegen andere
Abgaben abzugrenzen?. Soweit dieselben als dem Zolle gleichartig
anerkannt werden, sind sie jedem Verfügungsrecht der Einzelstaaten
entzogen ®.
Sache des Reiches ist es nicht minder, den Einzelstaaten und
deren Kommunen solche Abgaben zu untersagen, welche die Natur
eines Zusatzzolles annehmen oder eine Höhe der Belastung des ver-
zollten Gegenstandes erzeugen, die gerade durch die Bemessung des
Zollsatzes ausgeschlossen sein sollte *.
b. Zu einem anderen Teile wird der Uınfang der Ausschliels-
lichkeit der Reichsgesetzgebung bestimnit durch das im Bundesgebiet
gewonnene oder bereitete Steuerobjekt: Salz und Tabak, der
aus Rüben und anderen inländischen Erzeugnissen dargestellte Zucker
und Sirup, sowie Branntwein und — unter Ausschluls von Bayern,
Württemberg und Baden -- Bier. Damit ist der Verfügung der
Einzelstaaten jede Besteuerungsart entzogen, die diese Gegen-
stände als solche und in specifischer Weise trifit. Es ist gleich-
gültig, ob dies geschieht bei der Erzeugung oder der Zubereitung oder
dem Verbrauch oder dem Umsatz’, vorausgesetzt nur, dals diese
2 S. Zollgesetz vom 1. Juli 1869 8 8.
3 So können Chaussee- und andere Wegegelder, Wasserzölle und selbst
Entrichtungen für die Benutzung von besonderen Verkehrsanstalten die Natur
des Zolles annehmen, insbesondere wenn sie nach dem Werte der Ware be-
messen und bei deren Cirkulation in einem die Natur der Gebühr übersteigen-
den Betrage erhoben werden: Insoweit sind daher die Bestimmungen in
R.V. a. 54 al. 3 u. 4, sowie im Zollvereinsvertrage vom 8. Juli 1867 aa. 22. 23
durch die Zollkompetenz des Reiches schon gedeckt, nur dafs die hier den
Einzelstaaten aufgelegten Beschränkungen über obigen Gesichtspunkt hinaus-
‚gehen und insoweit entweder besondere Kompetenzen begründen oder sich
auf anderweitige Kompetenzen stützen.
* Unter diesen Gesichtspunkt fällt es, wenn der Zollvereinsvertrag vom
8. Juli 1867 a. 5 I den Grundsatz aufstellt, dafs ausländische zollfreie oder nur
mit „der allgemeinen Eingangsabgabe“ (3 Mk. von 100 Kilogramm) verzollte Er-
zeugnisse nur insofern einer inneren Steuer der Einzelstaaten unterworfen werden
dürfen, als dies für gleichartige vereinsländische Erzeugnisse statthaft ist.
Ebenso verhält es sich mit dem andern dort zur Geltung gebrachten Grund-
satz, dafs von allen höher verzollten ausländischen Erzeugnissen keine weitere
Abgabe erhoben werden darf als solche inneren Steuern, welche ohne Unter-
schied des Ursprungs auf die weitere Verarbeitung oder anderweite Bereitung
des Erzeugnisses gelegt sind. Diese Bestimmungen sind also in diesem Um-
fange einfaches, auf der Zollkompetenz des Reiches beruhendes Gesetz.
Sie sind durch einfaches Gesetz vom 27. Mai 1885 modifiziert worden.
5 Auch in der Form einer Gewerbesteuer kann eine specifische, nur der
Reichsgesetzgebung gestattete Besteuerung dieser Gegenstände erfolgen. So