394 II. Buch. Die Reichsgewalt.
bühren als bei den Steuernachsichten, ob dies für Rechnung des Reiches
oder der Einzelstaaten geschieht. Denn dals dies alles in den Umfang
des positivrechtlichen Begriffes des „Zollwesens“ und der „Besteuerung“
der Verbrauchsgegenstände fällt, das ergeben die Zollvereinsverträge
‘und die in Verfolg derselben erlassenen Gesetze und Verordnungen in
voller Deutlichkeit. Ja nach R.V. a. 35 ist die ausschliefsliche Zoll-
gesetzgebung auch noch in den Zollausschlüssen und Freihafengebieten
wirksam rücksichtlich derjenigen Malsregeln, weiche zur Sicherung der
gemeinsamen Zollgrenze erforderlich sind !®.
2. Zu der ausschliefslichen Gesetzgebung tritt das Verord-
nungsrecht des Reiches.
Dasselbe unterliegt den allgemeinen Grundsätzen der Verfassung.
Es ist darum auch hier, wenn nicht ein besonderes Gesetz für gesetz-
vertretende oder Rechtsverordnungen zu deren unmittelbarem Erlafs
ermächtigt, nur ein mittelbares!!.
Nur an zwei Punkten haben die besonderen Verfassungsbestim-
mungen über das Zoll- und Steuerwesen Abweichungen herbeigeführt.
Zunächst bewirkt es die Ausschlielslichkeit der Gesetzgebung, dals
auch das Recht des Reiches zu gesetzvertretenden oder Rechtsverord-
nungen ein ausschliefsliches ist!*. Den Einzelstaaten kann ein
solches nur auf Grund einer im Reichsrecht enthaltenen Delegation
zustehen, mag dieselbe in den noch geltenden Bestimmungen der Zoll-
vereinsverträge oder in der neueren Gesetzgebung gefunden werden.
Sodann aber ist die Abgrenzung zwischen der Gesetzgebung und
dem Verordnungsrechte des Reiches, soweit es sich um Gegenstände
handelt, die in den Zollvereinsverträgen ihre Regelung empfingen, nicht
die gemeingültige, jetzt durch R.V. a. 7 Nr. 2 festgestellte. Vielmehr
ist für dieselbe die besondere Bestimmung der R.V. a. 40 malsgebend:
„Die Bestimmungen in dem Zollvereinigungsvertrage vom 8. Juli
1867 bleiben in Kraft, soweit sie nicht durch die Vorschriften dieser
Verfassung abgeändert sind und solange sie nicht auf dem in Art. 7
beziehungsweise 78 bezeichneten Wege abgeändert werden.“
Gesetz, denn es sind nur Regelungen der Voraussetzungen, unter denen die „Be-
steuerung“ eintritt, cessiert oder sich modifiziert. Insbesondere fällt es jetzt nach
a. 14 der Kompetenz des Reiches anheim, durch seine einfache Gesetzgebung
die dort vorgesehene Ermäfsigung oder Aufhebung der Zollbegünstigungen
der Mefsplätze herbeizuführen. Abweichend Delbrück, Art. 40. S. 61. 62,
10 Gesetze vom 1. Juli 1869 und 28. Juni 1879.
11 S. oben $ 46. Als Ermächtigung zur unmittelbaren Verordnung
hat es zu gelten, wenn der Erlafs derselben dem Kaiser zugeschrieben ist.
Z. B. Zolltarifgesetz vom 15. Juli 1879 $ 6.
12? Laband, Staatsrecht d. deutschen Reiches II 925. 926.