Full text: Deutsches Staatsrecht. Erster Band: Die Grundlagen des deutschen Staates und die Reichsgewalt. (1)

402 II. Buch. Die Reichsgewalt. 
die Prüfung und Abnahme der zu Grunde liegenden Bücher und 
Rechnungen, insbesondere der von den Erhebungsbehörden auf- 
zustellenden Quartalextrakte und der nach dem Jahres- und Bücher- 
abschlusse aufzustellenden Finalabschlüsse ist Sache der Einzelstaaten, 
ihrer Direktiv- und Rechnungsbehörden. Hierüber stehen dem Reiche 
nur diejenigen Kontrollen zu, welche die Reichsbevollmächtigeten inner- 
halb der Grenzen ihrer regelmälsigen Kompetenzen auszuüben befugt 
und verpflichtet sind®. Die Prüfung des Bundesratsausschusses richtet 
sich nur auf die formelle und kalkulatorische Richtigkeit der Haupt- 
übersichten, auf die Monituren der Reichsbevollmächtigten, vor allen 
Dingen auf die Frage, ob die liquidierten Ausgaben dem Reiche an- 
gerechnet werden dürfen ®. 
Auf Grund der so geführten Nachweisungen der Einzelstaaten, 
auf Grund der durch den Ausschuls erfolgten Zusammenstellung und 
Prüfung 'derselben!® erfolgt alsdaun der jährliche Beschlufs des 
Bundesrates, welcher das angeordnete, besondere Verfahren abschlielst. 
Er hat nicht die Absicht und nicht die rechtliche Wirkung einer ge- 
währten oder verweigerten Decharge für irgend welche rechnungs- 
führende Beamte. Vielmehr hat derselbe nur den Tenor: 
dafs die auf Grund der Hauptübersichten gefertigten und nach 
Erledigung der Monituren berichtigten Zusammenstellungen des Aus- 
schusses über die Zölle und Verbrauchssteuern als Grundlage 
der definitiven Abrechnung zwischen demReiche und 
zwischen den Einzelstaaten für das betreffende Jahr 
anzuerkennen seien. 
Mit andern Worten: das gesamte Verfahren hat nur die Aufgabe, 
den „Ertrag der Zölle und der andern im Artikel 35 bezeichneten 
Abgaben“ als die verfassungsmälsige Schuldigkeit festzustellen, welche 
$ Schlufsprotokoll No. 15 zum Zollvereinsvertrag vom 8. Juli 1867: „Er 
— der Reichsbevollmächtigte — kann die Rechnungen über die gemeinschaft- 
lichen Abgaben prüfen und dagegen Erinnerungen machen, ohne jedoch die 
Führung und Abnahme derselben, ingleichen die Entscheidung der Erinne- 
rungen durch die dem Rechnungsführer vorgesetzte Dienstbehörde aufzuhalten. 
Findet er die Entscheidung dem Vereinsinteresse nicht entsprechend, so hat 
er den betreffenden Gegenstand beim Bundesrat zur Anzeige zu bringen.“ 
° Als Mafsstab für die Anrechenbarkeit der Ausgaben dienen für das 
Zollwesen die sogenannten Pauschsummenetats, welche für jeden Einzelstaat 
durch den Bundesrat festgestellt werden. Dieselben haben eine rechtliche 
Bedeutung immer nur im Verhältnis zum Reich, nicht für das Etats- und 
Rechnungswesen des Einzelstaates. 
10 Für die technischen Vorarbeiten und Vorprüfungen dient dem Aus- 
schufs das Zoll- und Steuerrechnungsbureau des Reichsschatzamtes.
	        
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