$ 66. Ausnahmen und Modifikationen. 405
2. Eine andere rechtliche Natur hat die Rückwirkung, welche
die durch R.V. a. 34 den Hansestädten Bremen und Hamburg
zugesicherten Freihafengebiete auf das Zollwesen und die Verbrauchs-
steuern des Reiches ausüben.
Allerdings folgt es, dafs verfassungsmälsig das Reich nicht befugt
ist, die Erhebung von Zöllen in den Freihafengebieten zu bewirken,
und es ist durch R.V. a. 38 al. 3 weiterhin anerkannt, dafs auch die
Verbrauchsbesteuerung für Rechnung des Reiches in denselben nicht
erfolgen soll. Allein trotzdem ist es die rechtlich formale Auffassung,
dafs damit an sich die gemeingültige Kompetenz des Reiches über das
Zoll- und Steuerwesen in Rücksicht auf die beiden Hansestädte nicht.
ausgeschlossen ist. Vielmehr wird nur die Ausübung derselben durch
die verfassungsmälsig zugelassene Einrichtung der Freihäfen, die als
eine besondere Gestaltung des deutschen Zollwesens selbst erscheint,
suspendiert und modifiziert. Daher ist es denn anerkannt, dafs auch
für die Hansestädte das Zoll- und Steuerwesen eine „gemeinschaft-
liche“ Angelegenheit ist, für welche sie der Bestimmung der R.V. a. 7
al. 4 ungeachtet im Bundesrate stimmberechtigt bleiben. Daher denn
auch nach R.V. a. 38 für sie die finanzielle Wirkung nicht die ist,
dafs sie, entsprechend der Bestimmung für die süddeutschen Staaten,
an dem Ertrage der eximierten Finanzquellen keinen Teil haben;
vielmehr sind sie daran beteiligt und haben nur als Ausgleich das
„Aversum“ zu zahlen.
II. Anderweitige Modifikationen der Rechtsstellung der Einzel-
staaten knüpfen sich an die Klausel der R.V. a. 36, wonach die Er-
hebung und Verwaltung der Zölle und Verbrauchssteuern jedem
Bundesstaat innerhalb seines Gebietes überlassen bleibt, jedoch nur
„soweit derselbe sie bisher ausgeübt hat“.
Und zwar hat dieser Vorbehalt wiederum eine doppelte Be-
deutung.
1. Zunächst trifft derselbe diejenigen besonderen Vereinbarungen,
welche schon zur Zeit des Zollvereines engere Verbindungen ver-
schiedener Einzelstaaten unter sich zu dem Zwecke gestiftet hatten,
um eine vereinfachte Verwaltung der Zölle und Verbrauchssteuern zu
ermöglichen. Es sind dies der Vertrag über den thüringischen
® Keinesfalls hat die Klausel die Bedeutung, solchen Einzelstaaten, welche
bisher aufserhalb des Zollgebietes standen, das Recht der Selbstverwaltung
der Zölle und. Verbrauchssteuern bei ihrem Eintritt in den Zollverband ab-
zusprechen. Vgl. Reichstag 1881/82 Anlagen No. 65 S. 274.