8 66. Ausnahmen und Modifikationen. 407
träge nach Mafsgabe der R.V. a. 40 als Reichsrecht gelten und mithin
nur im Wege der Gesetzgebung oder der Verordnung des Reiches
abgeändert oder aufgehoben werden können ®.
Der Vorbehalt kann aber auch nur die andere Absicht haben, der
Auffassung entgegenzutreten, als ob der allgemeine Grundsatz. der
R.V. a. 36 die Fortdauer jener Verträge verneine. Alsdann würden
dieselben als Verträge, in welchen die Einzelstaaten über ihre ver-
fassungsmälsig vorbehaltenen Befugnisse im Zoll- und Steuerwesen zu
Gunsten anderer disponieren, aufrechterhalten. Den Einzelstaaten
würde durch den Vorbehalt das Recht zuerkannt, die bestehenden
Verträge dieses Inhaltes aufzuheben oder abzuändern, aber — in
nicht abzuweisender Folgerichtigkeit — auch neue Verträge gleicher
Art zu schlielsen.
Diese letztere Alternative ist es, die zutrifft. Sie findet ihre
rechtliche Begründung darin, dafs die fraglichen Verträge im Sinne
der derzeitigen Vertragsparteien nicht als „Zollvereinsverträge“
galten und bezeichnet wurden und darum jetzt unter die Bestimmung
der R.V. a. 40 nicht fallen. Sie wurden trotz ihres wesentlichen Ein-
flusses auf die Organisation und einzelne Einrichtungen des Zollvereines
als neben den „Zollvereinsverträgen“ hergehende und in ihnen voraus-
gesetzte Verabredungen angesehen. Dies ergiebt insbesondere der
Wortlaut, in dem die Anschlulsverträge im Art. 2 des Zollvereins-
vertrages vom 16. Mai 1865 aufgezählt werden, sowie die gänzliche
Unterlassung einer Bezugnahme auf den thüringischen Vertrag vom
10. Juni 1833°.
Diese Auffassung hat ihre Bestätigung gefunden durch den unter
den beteiligten Regierungen abgeschlossenen Vertrag vom 20. Nov.
1889, der für den „Thüringischen Zoll- und Steuerverein“, wie er jetzt
genannt wird, nicht unwesentliche Änderungen der früheren Verträge
8 Dies scheint die Ansicht von Delbrück, Art. 40 S. 80. 81. 95 zu sein.
9% Wohl zu unterscheiden von dem Vertrag vom 11. Juni 1833, der
zwischen dem thüringischen Verein und den übrigen beteiligten Staaten den
Zollvereinsvertrag darstellt. Allerdings bereitet hier die Allegation der
„thüringischen Vereinsverträge“ in a. 40 der norddeutschen Verfassung eine
gewisse Schwierigkeit. Sie scheint auf die erste zurückgewiesene Alternative,
nämlich auf die Erhebung der Verträge zu Reichsrecht, hinzudeuten. Allein
es kann kaum bezweifelt werden, dafs die gegen den preulsischen Entwurf
von den verbündeten Regierungen durch Amendement herbeigeführte Alle-
gation nur die Absicht hatte, der in den thüringischen Verträgen stipulierten
gleichen Besteuerung innerer Erzeugnisse die Fortdauer zu sichern, — eine
Absicht, die durch den weiteren Gang der Reichsgesetzgebung erledigt ist.
S. Hänel, Studien Bd. I S. 120 Note 14.