Full text: Deutsches Staatsrecht. Erster Band: Die Grundlagen des deutschen Staates und die Reichsgewalt. (1)

30 I. Buch. Die Grundlagen des deutschen Staates. 
um einen revolutionären Akt handeln, der dauernde Kraft genug be- 
währte, um seiner Schöpfung trotz ihres rechtswidrig seienden und 
bleibenden Entstehungsgrundes die zureichende Anerkennung der 
Rechtsgenossen zu sichern. 
2, Positiv können und wollen die verfassungsverkündenden 
Partikulargesetze nur eine doppelte Bedeutung haben. 
a. Sie regeln in Rücksicht auf den Rechts- und Ver- 
fassungsbestand jedeseinzelnen Staates die Rückwirkungen, 
welehe hierauf die vereinbarte Verfassung haben will und mit ihrem 
Inkrafttreten haben muls. Hierfür bringen sie den Rechtssatz zur 
Geltung: das bestehende Landesrecht, insbesondere die Landesverfassung 
wird dahin abgeändert, dafs der neue Bund vom Zeitpunkt seines 
Inkrafttretens ab diejenigen Rechte und Pflichten mit allen Rechts- 
wirkungen bezüglich und innerhalb des verkündenden Staates 
gewinnt, welche der Inhalt der vereinbarten Verfassung heischt. 
Es war für jede, auch die höchste juristische Technik unmöglich, 
diesen Rechtssatz anders zu formulieren als dadurch, dafs die verein- 
barte Verfassung für jeden Einzelstaat rechtsverbindlich verkündet 
wurde. Ja jeder Versuch, die Rückwirkungen der Bundesverfassung 
auf die Einzelstaaten in den zutreffenden Änderungen des Partikular- 
rechtes darzustellen, wäre in sich ein Widerspruch gewesen, weil eben 
die Verfassung, der man Rechtsverbindlichkeit verschaffen wollte, jede 
partikularrechtliche Interpretation auch für ihre Wirkungen auf das 
Partikularrecht ausschlielist. 
b. Die Partikulargesetze sind sodann in einer zweiten Rücksicht 
Ausführungsgesetze — nür selbstverständlich nicht zu einer 
noch nicht geltenden Verfassung, sondern zu dem Staatsvertrage, 
welcher jede einzelne Regierung verflichtete, zu ihrem Teile den neuen 
Bund dadurch ins Leben zu rufen, dals sie die partikularrechtlichen 
Bedingungen für die Rechtsverbindlichkeit der vereinbarten Verfassung 
herstellte. 
Die Beziehung auf den Staatsvertrag ergiebt es denn aber auch, 
dals jedes Partikulargesetz trotz seiner apodiktischen Sprechweise und 
trotz des bestimmten Termines für das Inkrafttreten der Bundesver- 
fassung doch inhaltlich gebunden und in seiner Geltung 
bedingt war. Es war inhaltlich gebunden, weil jede Ab- 
änderung der vereinbarten Verfassung entweder nur die einfache Ver- 
werfung derselben oder nur die Aufforderung zur Einleitung neuer 
Vertragsverhandlungen auf Grund der Abänderung bedeuten konnte. 
Jedes Partikulargesetz war von nur bedingter Geltung"®, denn es 
13 S. die Mitteilung des Bremer Senates in Note 9.
	        
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