414 II. Buch. Die Reichsgewalt.
Verbote, die seiner Zeit zum Schutze der partikularen Post- und Tele-
graphenverwaltung ergangen waren, auch zu Gunsten der Reichsver-
waltung fortdauern. Das Reich hat alsdann durch die Postgesetze
vom 2. November 1867 und 28. Oktober 1871 den Umfang seines
Monopolrechtes im Gebiete des Postwesens gemeinrechtlich festgestellt.
Es kann ein Monopol im Gebiete des Telegraphenwesens ohne reichs-
gesetzliche Begründung behaupten, thatsächlich, soweit dies aus der
besonderen Natur des Betriebes folgt, rechtlich, soweit partikularrecht-
liche Normen fortgelten!‘ oder soweit das kaiserliche Verordnungs-
recht im Umfang des ehemals preufsischen Verordnungsrechtes dazu
ausreicht !7.
Allein alle monopolistischen Verbote haben ihre Bedeutung nur
im Verhältnis zu den Unterthanen. Unabhängig von ihrer Existenz
und von ihrem Umfang folgt unmittelbar aus der Verfassung die Be-
schränkung der Einzelstaaten. Denn wenn die Verfassung das Post-
und Telegraphenwesen zu einheitlichen Staatsverkehrsanstalten in
der Hand des Reiches erhebt, so ist es damit gleichbedeutend, dafs
den Einzelstaaten jede in den Umfang des Reichsbetriebes fallende
partikulare Staatsanstalt verfassungsmäfsig untersagt ist, gleichgültig
ob das Reich gegenüber den Unterthanen monopolistisch berechtigt
ist oder nicht!?. —
16 Kgl. Sächsisches Gesetz vom 21. September 1855, für Elsafs-Lothringen
französisches Dekret vom 27. Dezember 1851 (Laband, Staatsrecht II 70).
17 Durch Untersagung der erforderlichen Mitwirkung bei. der Anlage
von Privattelegraphen seitens der partikularen Verwaltungen, durch Anord-
nungen gegenüber den Eisenbahnverwaltungen, soweit sie denselben nach
Gesetz oder Koncessionsbedingungen rechtsgültig aufgelegt werden können.
Dafs für ein allgemein gültiges, rechtliches Telegraphenmonopol das Ver-
ordnungsrecht nicht ausreicht, geht daraus hervor, dafs die preufsische Re-
gierung seiner Zeit die Vorlage eines entsprechenden Gesetzentwurfes an den
preufsischen Landtag — ohne Erfolg — bewirkte. Drucksachen der zweiten
Kammer 1854/55, Anlagen No. 110. 111.
18 Es folgt aber auch, dafs aus der Verfassung unmittelbar irgend etwas
für ein Monopol der Post oder Telegraphie nicht abzuleiten ist. Die Ein-
heitlichkeit der Staatsverkehrsanstalten betrifft nur das Verhältnis von Staat
und Reich; dieselbe kann mit und ohne Monopol bestehen; schon das Fehlen
jeder Grenze für das so gefolgerte Monopol macht eine andere Auslegung un-
möglich. Laband, Staatsrecht d. deutschen Reiches Bd. II S. 69 Note 1. S. jetzt
den Gesetzentwurf über das Telegraphenwesen des Deutschen Reiches, welcher
dem Reiche das wirtschaftliche Recht der Herstellung und des Betriebes von
Telegraphenanlagen, einschliefslich der Fernsprechanlagen, vindiziert, in den
Drucksachen des Reichstages 1890/91 No. 308 u. Kommissionsbericht dazu
No. 460.°