422 II. Buch. Die Reichsgewalt.
stempel vom 3. Juli 1878, die statistische Gebühr vom 20. Juli 1879
1. Juli 1881
und die Erhebung von Reichsstempelabgaben vom 35-Mar 1g85° Selbst-
verständlich konnten die Specialbestimmungen der R.V. aa. 36. 38. 39
auf diese anderen Steuerarten nicht einfache Anwendung finden; schon
die technische Form der Steuererhebung forderte vielfach andere Be-
stimmungen. Aber überall ist eine grundsätzliche Abgrenzung zwischen
der Reichsfinanzverwaltung und einer mitwirkenden Selbstverwaltung
der Einzelstaaten erfolet, welche den letzteren die „Erhebung und
Verwaltung“ im Sinne der R.V. a. 36, insbesondere die unmittelbare
Aufsichtsführung, sowie das gesamte Verfahren überträgt, welches sich
nach Mafseabe der Zollgesetze an die Steuerhinterziehung und die
Verletzung der Ordnungsvorschriften knüpft.
Dies. findet denn auch seine letzte Besründung in Art. 4 der
Verfassung. Allerdings ist auch die hier einschlagende Klausel: „Der
Beaufsichtigung seitens des Reichs und der Gesetzgebung desselben
unterliegen: 2) — — die für die Zwecke des Reichs zu verwendenden
Steuern“, wie alle übrigen Aufzählungen des Artikels nur unter denı
Vorbehalt zu verstehen, dafs sie durch die ferneren Specialisierungen
der Verfassung nicht eine besondere Ergänzung oder geradezu ihre
Erledigung finden. Allein eine solche Ergänzung oder Erledigung hat
der VI. Abschnitt der Verfassung nur für die Zölle und die fünf da-
selbst bezeichneten Verbrauchssteuern erbracht. Für alle neu einzu-
führenden Reichssteuern bleibt der Grundsatz des Artikels 4 die
malsgebende Richtschnur. Er muls selbstverständlich die nähere Be-
stimmung der Art und des Malses der Mitwirkung je nach der ver-
schiedenen Natur der einzuführenden Steuern der einfachen Reichs-
gesetzgebung überlassen, aber er fordert, anders als bei den sonstigen
Finanzquellen, die Anerkennung eines Selbstverwaltungsrechtes der
Einzelstaaten auf dem Gebiete der Reichssteuern.
II. Damit findet die rechtliche Charakteristik der Reichsfinanz-
wirtschaft ihren Abschlufs.
Das Reich führt gemäls der verfassungsmälsigen Kompetenzen
eine mit der des Einheitsstaates gleichartige Staatswirtschaft mit allen
ihren Attributen. Es ist nicht Eigentümlichkeit, sondern die Natur
jeder Staatswirtschaft, dals dieselbe hierbei die Grenzen der primären
Kompetenzen einzuhalten hat. Dem Reiche steht, soweit vereinzelte
Sonderrechte bestimmter Einzelstaaten nicht entgegenstehen, die su-
veräne Bestimmung seiner Finanzquellen zu; es ist im Verhältnis zu
den Einzelstaaten befugt, allen seinen Finanzquellen die Eigenschaft
der Ausschliefslichkeit beizulegen, aber aach verpflichtet, den Grund-