8 71. Die Verteilung der Straf- und Zwangsgewalt (Belohnungsrecht). 497
gewalt des Reiches ein verschiedener ist, je nachdem sich dieselben
aufserhalb oder innerhalb der anderen, der primären Kompetenzen
des Reiches bewegen. In dieser Unterscheidung wurzelt die eigen-
tümliche Gestaltung beider Gewalten im deutschen Staatswesen.
I. Für den ganzen Umfang der Reichskompetenz gilt
unabhängig von der Rechtsgrundlage und von den näheren Be-
stimmungen der R.V. a. 4, ıs der ausnahmslose Grundsatz: soweit
jener reicht, soweit reicht auch die Straf- und Zwangsgewalt des
Reiches. Das gilt materiell in Ansehung aller Verwaltungszweige, die
demselben verfassungsmälsig gebühren. Das gilt formell in Ansehung
der Reeierungsrechte; diese sind in Gesetzgebung und Beaufsichtigung
oder aber in eigenen und unmittelbaren Verwaltungsbefugnissen die
nämlichen für die Zwangs- und Strafgewalt als für die Verwaltungs-
zweige, zu deren Schutze sie bestimmt sind.
1. In einem bestimmten Umfange daher steht die Straf- und
Zwangsgewalt dem Reiche in unmittelbarer und eigener Ver-
waltung, ungebrochen durch Mitwirkungsrechte der Einzelstaaten
zu. Dieser Umfang wird bestimmt durch zwei Gruppen von Fällen.
a. Auf den Verwaltungszweigen, auf denen es verfassungsmälsig
eigene und unmittelbare Verwaltungsbefuenisse ausübt, ist das Reich
auch zur eigenen und unmittelbaren Handhabung der gesetzlichen
Straf- und Zwangsbefugnisse berufen, soweit dies zur Durchführung
dieser seiner besonders gestalteten Kompetenz erforderlich ist. Hierzu
bedarf es irgend einer besonderen Ermächtieung nicht. Sie ist durch
den verfassungsmäfsigen Ausschlufs der Mitwirkungsrechte der Einzel-
staaten ohne weiteres und selbstverständlich gegeben. So stehen dem
Reiche auf dem Gebiete seiner eigenen Behördenorganisation die Beamten-
diseiplin, auf dem des Heerwesens die militärische Diseiplin und Gerichts-
barkeit, auf dem Gebiete der auswärtigen Hoheitsrechte die Konsular-
gerichtsbarkeit, auf dem des Post- und Telegraphenwesens ein Ver-
waltungsstraf- und -zwangsverfahren, auf dem des Eisenbahnwesens
besonders gewandte Zwangsmittel zu. Inhalt und Grenzen der hierin
enthaltenen Straf- und Zwangsbefugnisse des Reiches finden in der
Darstellung der einschlagenden Kompetenzgebiete ihre nähere Be-
stimmung.
b. An diese erste Gruppe reiht sich in besonderen Ver-
fassungsbestimmungen eine andere Gruppe von Fällen, welche in der
Eigentümlichkeit ihrer Thatbestände zu einer Ausschlielsung jedes
Mitwirkungsrechtes der Einzelstaaten geführt haben.
Wenn es sich um Angriffe gegen die oberste Organisation und
die wesentlichen Lebensbedingungen des Reiches handelt, übernimnit