Full text: Deutsches Staatsrecht. Erster Band: Die Grundlagen des deutschen Staates und die Reichsgewalt. (1)

432 II. Buch. Die Reichsgewalt. 
und die eigene Gewalt gegründet. Es ist dies geschehen in voller 
Übereinstimmung wie mit den deutschen Reichsverfassungen von 1849°, 
so mit den Bundesverfassungen der Schweiz und der Unionsverfassung 
Amerikas, nur mit dem Unterschiede, dafs in der letzteren nicht, wie 
sonst überall, der oberste Gerichtshof des Bundes, sondern die Unter- 
gerichte desselben die zuständige Instanz bilden ®. 
$ 78. 
Der Kriegszustand. 
Kein Staat, auch nicht der Bundesstaat, kann unter aulserordent- 
lichen Verhältnissen einer aulserordentlichen Verstärkung seiner Zwangs- 
gewalten entbehren. Die beiden Verfassungen der Vereinigten Staaten 
Amerikas und der Schweizer Eidgenossenschaft berufen die Bundesge- 
walt zur Aufrechterhaltung der gesetzlichen Ordnung und Sicherheit 
gegen Gewalt, die von innen oder aulsen hereinbricht, wenn die einzel- 
staatliche Autorität nicht ausreicht oder wenn der Uentralstaat als solcher 
gefährdet wird, und zwar mittels des Aufgebots und der Handhabung 
der militärischen Macht!. Allein beide Verfassungen gehen von dem 
Grundsatze aus, dafs hierdurch die verfassungsmälsige Stellung der 
Einzelstaaten, wie sie durch die beiderseitigen Kompetenzen bestimmt 
ist, nicht verrückt werden kann. Die Ermächtigungen sind streng 
begrenzt auf ihren nächsten Zweck: Unterdrückung der Gewalt durch 
Gewalt. Der Bund gewinnt um seines Schutzrechtes willen nicht eine 
aulserdentliche Kompetenz, um die Verfassung und die Gesetze der 
Einzelstaaten aufzuheben oder zu suspendieren oder an die Stelle der 
einzelstaatlichen Organe seine eigenen Autoritäten zu setzen. Nach 
der Schweizer Verfassung ist der Bund ausdrücklich — a. 16 al.3 — 
darauf angewiesen, bei seiner „Intervention“ die verfassungsmälsigen 
Rechte sowohl der Bürger als der Behörden aufrechtzuerhalten. 
Die einzige aufserordentliche Folge der Intervention ist es, dals alle 
5 Reichsverf. $ 126 lit. 1. Unionsverf. $ 124 lit. 1. 
6 Schweizer Bundesverf. a. 112,1. Nordamerikanische Verf. a. 3 s. 2 u. 9. 
Judiciary Act vom 24. Sept. 1789 sect. 9. 
ı Amerikan. Unionsverfassung I s. 8 al. 15. (Es ist hier nur das besondere 
Recht der Unionsgewalt zugesprochen, die Miliz der einzelnen Staaten zur 
Unterdrückung von Unruhen in ihren Dienst zu stellen, allein es ist unbe- 
stritten, dafs die Unionsgewalt, nach der allgemeinen Klausel ebenda al. 18, auch 
ihre eigenen Truppen, bezw. alle ihr sonst zu Gebote stehenden Machtmittel ver- 
wenden darf.) Schweizer Bundesverf. aa. 16. 17.
	        
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