436 II. Buch. Die Reichsgewalt.
bayerischen Verfassungsvertrag — III $ 5. VI — wiedergegeben mit
„das Bundesgebiet oder einen Teil desselben“.
II. Die Wirkungen, welche sich rechtlich an die Erklärung
des Belagerungszustandes knüpfen, sind entweder solche, welche un-
mittelbar kraft Gesetzes eintreten, oder solche, welche nur Ermächti-
gungen zu weiteren aufserordentlichen Malsregeln enthalten.
1. Unmittelbar kraft Gesetzes wird die Unterordnung der
bürgerlichen Verwaltung unter die militärische Autorität in einem be-
stimmten Umfange bewirkt. Allerdings treten dem noch zwei andere
Folgen hinzu®:
einmal eine verstärkte Sicherstellung der militärischen Ge-
horsamspflichten teils durch das Inkrafttreten der Kriegsgesetze?,
teils durch Änderungen der Militärgerichtsbarkeit'!®;
sodann Änderungen des gemeinen Strafrechts teils durch Straf-
schärfungen auf dem Gebiete des Hoch- und Landesverrates und der
gemeingefährlichen Verbrechen '!, teils durch Aufstellung besonderer
strafrechtlicher Thatbestände, welche eine Behinderung der obrig-
keitlichen Mafsregeln, insbesondere durch Aufforderungen und An-
reizungen zum Ungehorsam, enthalten.
Aber die beiden letzten Folgen sind nur hinzutretende Schutz-
mittel. Das, was den specifischen juristischen Charakter der Malsregel
ausmacht, bleibt der Satz des preulsischen Gesetzes — $ 4 —:
„Mit der Bekanntmachung der Erklärung des Be-
lagerungszustandes geht die vollziehende Gewaltan
die Militärbefehlshaber über.“
Selbstverständlich ist dies nur in dem beschränkten Sinne einer
Ermächtigung gesagt. Die bürgerlichen Organe werden nicht ohne
weiteres durch militärische ersetzt und die regelmäfsigen Funktionen
der ersteren werden nicht ohne weiteres gehemmt. Vielmehr gewinnt
der Militärbefehlshaber nur das Recht, überall da und in dem Um-
fange, wo und soweit es nach seinem Ermessen der Zweck erheischt,
die Kompetenzen der bürgerlichen Behörden an sich und an die von
ihm bestellten Organe zu ziehen oder aber die bürgerlichen Ver-
waltungs-. und Gemeindebehörden mit Anordnungen und Aufträgen zu
versehen, dergestalt zwar, dafs der Militärbefehlshaber für ihre An-
8 Abgesehen von dem Inkrafttreten der Vorrechte der Militärpersonen
auf die erleichterten Formen letztwilliger Verfügungen nach Militärges. vom
2 Mai 1874 $ 44.
9 Preufs. Ges, $ 6 und Reichsmilitärstrafgesetzbuch vom 20. Juni 1872
8 9 No. 2.
10 Preufs. Ges. $ 7. 11 Einführungsges. zum Strafgesetzbuch a. 4.