Full text: Deutsches Staatsrecht. Erster Band: Die Grundlagen des deutschen Staates und die Reichsgewalt. (1)

458 II. Buch. Die Reichsgewalt. 
scheidet, das ist ihre Bestimmung, die Autorität des subjektiven 
Rechtes auf Gehorsam, auf Pflichterfüllung innerhalb eines von dem 
allgemeinen Unterwerfungsverhältnisse unter die objektive Rechtsord- 
nung sich abhebenden, besonderen Gewaltverhältnisses zu bewähren. 
Hierin, in der Reflexion auf das subjektive Recht be- 
ruht ihre Verwandtschaft mit den Zwangsmitteln. Hierdurch wird die 
besondere rechtliche Gestaltung, die das Ordnungsstrafrecht im Ver- 
hältnis und im Unterschiede zu dem allgemeinen Strafrecht überall 
aufweist, begründet. 
Bei allen Ordnungsstrafen ist die Verletzung eines subjektiven 
Rechtes auf besonderen Gehorsam, auf Erfüllung besonderer Pflichten 
wesentliches Merkmal des strafbaren Thatbestandes. 
Die Strafverfolgung ist keine zwingende Pflicht, sondern erfolgt 
in diskretionärem Ermessen des einzelnen Falles. 
Das Strafverfahren unterliegt nicht den Regeln und den Instanzen 
des allgemeinen formellen Strafrechtes. Vielmehr tritt überall ein 
besonderes Verfahren ein, in welchem sich die Gegenwirkung gegen 
die Verletzung des subjektiven Rechtes insbesondere dadurch charakteri- 
siert, dafs dasselbe entweder vor der Instanz selbst, der Ungehorsam 
erwiesen ist, oder in deren Instanzenzug oder doch auf deren Be- 
treiben vor besonders hierzu bestellten Behörden stattfindet. 
Die Ordnungsstrafen und die allgemeinen Strafen schliefsen sich 
nicht aus, sondern sie werden unabhängig voneinander verhängt, 
wenn die Verletzung des subjektiven Rechtes zugleich den Thatbestand 
eines nach dem gemeinen Strafgesetz strafbaren Unrechtes bildet. Das 
ne bis in idem trifft hier nicht zu. Denn jede von beiden Rechtsfolgen 
ist, wie in der Konkurrenz von Straf- und Zwangsmitteln, die Bewährung 
eines verschiedenen, mit dem anderen nicht gleichartigen Rechtes?®. 
Das Recht zur Ordnungsstrafe fällt regelmäfsig trotz des bereits 
begangenen Unrechtes wegen Mangel rechtlichen Interesses dann weg, 
wenn vor Einleitung des Verfahrens und selbst vor der Festsetzung 
der Strafe das Autoritätsverhältnis gelöst wird, zu dessen Bewährung 
8 Davon bildet es keine Ausnahme, dafs das Recht zur Exekutivstrafe 
dann überhaupt nicht Platz greift, wenn das allgemeine Strafrecht den gleichen 
Thatbestand des Ungehorsams gegen einen besonderen Befehl mit Strafe be- 
droht. Denn hier leistet bereits das allgemeine Strafrecht alles das, was die 
gesetzliche Ermächtigung zur Exekutivstrafe an psychologischem Erfüllungs- 
zwang und an Vergeltung zur Absicht haben kann. Freilich wenn der nach 
gemeinem Strafrecht strafbare Ungehorsam einen Thatbestand fortbestehen 
läfst, dessen Beseitigung gefordert werden kann, so greift trotz der verwirkten 
allgemeinen Strafe auch hier das Exekutivstrafrecht Platz. Rosin, Polizei- 
verordnungsrecht S. 65 ff.
	        
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