8 83. Das bayerische Sonderrecht u. d. gemeingültige Verfassungsrecht. 49]
von Preufsen, bald vom Bundesfeldherrn oder vom Kaiser abgeschlossen
verständlich will diese Auffassung nur besagen, dafs die den Bundesfürsten
und Senaten nach Mafsgabe und innerhalb der Grenzen der Verfassung zu-
geschriebenen Rechte einer näheren Regelung ihrer Ausübungsweise, wie denn
auch einer Verzichtleistung durch Konventionen unterliegen. Sie behauptet
in keinem Sinne eine vertragsmälsige Abänderbarkeit der objektiven Rechts-
sätze der Verfassung — Hänel, Studien I 171 —. Für diese Auffassung kann
die Stellung der einschlagenden Worte an der Spitze des ersten Satzes und
damit des ganzen Tenors der R.V. a. 66, sowie der Inhalt sämtlicher Militär-
konventionen angezogen werden.
Die denkbar weiteste Auslegung — Brockhaus, Das deutsche Heer
S. 170ff. — geht dahin, dafs die Ermächtigung zu konventionellen Bestim-
mungen sich nicht nur bezieht auf die Ernennungsrechte, welche gemeingültig
den Bundesfürsten und Senaten zugesprochen sind, sondern auch auf die
dem Kaiser bezüglich der Offizierernennung verfassungsmälsig eingeräumten
Befugnisse. Allein eine solche Auffassung ist nach der Ökonomie des Ver-
fassungstextes unzulässig.
R.V. a. 64 al. 2 ordnet in Bezug auf die Offizierbestellung die Ernennungs-
und Zustimmungsrechte des Kaisers und zwar in einer unbedingten,
zwingenden Fassung der Vorschrift.
R.V. a. 66 ordnet die Ernennungsrechte der Landesherren dahin, dafs
sie die Offiziere ihres Kontingentes ernennen „mit der Einschränkung des
Artikels 64“, d. h. soweit nicht Ernennungs- oder Zustimmungsrechte des
Kaisers Platz greifen. Aber diese Bestimmung ist im Gegensatz zu
a. 64 al.2 keine zwingende, sondern eine bedingte: „wo nicht besondere Kon-
ventionen ein anderes bestimmen“.
Eine Auslegung nunmehr, welche die eben angezogenen Eingangsworte
auch auf die „Einschränkungen“ bezieht und damit eine vertragsmälsige Be-
seitigung derselben für zulässig erklärt, macht dadurch den unbedingt
sprechenden a. 64 über die kaiserlichen Rechte rückwärts zu einem bedingten.
Das aber widerspricht der klaren Absicht der Verfassung, durch a. 66 nur die
Rechte der Landesherren regeln zu wollen, nachdem a. 64 die Regelung der
kaiserlichen Rechte in Rücksicht auf die Offizierernennung erledigt und er-
schöpft hat. Aus dem Umstande, dafs a. 66, um die Ernennungsrechte der
Landesherren, da wo keine Konvention vorliegt, scharf zu präcisieren, sich
auf a. 64 bezieht, kann unmöglich auf die Absicht geschlossen werden, auch
diesem letzteren Artikel, also auch den Bestimmungen über die kaiser-
lichen Rechte den nachträglichen Zusatz zu geben: „wo nicht besondere
Konventionen ein anderes bestimmen“. Denn es ist etwas vollkommen anderes,
ob auf Rechte, die den Einzelstaaten vorbehalten sind, durch einen Ver-
trag des berechtigten einzelnen Staates, sei es mit anderen Staaten, sei es
mit dem Reiche, verzichtet werden kann, und etwas vollkommen anderes, ob
Rechte des Reiches, des Kaisers, die immer die Gesamtheit angehen,
durch Verträge mit einzelnen Staaten abgeändert und aufgehoben werden
können, wobei selbstverständlich nur das Reich, nicht aber ein dritter Einzel-
staat, und wäre es auch Preufsen, als der andere Kontrahent gedacht sein
könnte. Eine solche aufserordentliche Weite der Vertragsfreiheit, welche es
gestattet, nicht blofs die Rechte des einzelnen betroffenen Staates, sondern