$ 84. Militärische Gesetzgebung und Verordnung. 495
wirksamen Verwaltungszweige, teils die Modifikationen, welche das
bürgerliche und öffentliche Recht in Anwendung auf die Angehörigen
des Heeres erleidet, teils die äufseren Beziehungen, in welche
die Organe und Angehörigen des Heeres zu den Organen der übrigen
Verwaltungszweige, zu den Gemeinden und zu den Unterthanen aulfser-
halb des Heeresverbandes treten!.
Sie befalst alle Formen allgemeiner Anordnungen,
welche über die Einzelverfügung hinausliegen, mögen das Gesetze,
gesetzvertretende Verordnungen, Generalinstruktionen oder General-
verfügungen sein. Und zwar hat es R.V. a. 61 bewirkt, dafs die Be-
grenzung zwischen dem Bereich des (sesetzes und allen übrigen An-
ordnungen zunächst durch den Stand der preufsischen Gesetz-
gebung? bewirkt wurde, vorbehaltlich selbstverständlich der weiteren
Regelung durch die künftige Reichsgesetzgebune.
Insbesondere aber ist das Gesetzgebungs- und Verordnungsrecht
des Reiches ein ausschlie/[sliches®. Mit der durch R.V. a. 61
geforderten und bewirkten Einführung der „gesamten preulsischen
Militärgesetzgebung, sowohl der Gesetze selbst, als der zu ihrer Aus-
führung, Erläuterung oder Ergänzung erlassenen Reglements, Instruk-
tionen und Reskripte“ wurden dieselben zu Bestandteilen des Reichs-
rechtes erhoben. Jede Änderung derselben, an welchem Punkte und
in welcher Form es sei, wurde damit der einseitigen Bestimmung des
Landesrechtes entzogen. Denn die Einführung „in dem ganzen Reiche“
konnte nur den Sinn haben, den gesamten Bestand der eingeführten
Normen als einheitliches Recht dauernd zu erhalten, geschützt gegen
jede fernere partikularrechtliche Zersplitterung.
Doch hat die Ausschliefslichkeit des Verordnungsrechtes
1 Den Beleg für diesen weiten Umfang des Begriffes giebt R.V. a. 61
und die ganze Reihe der auf das Militärwesen bezüglichen Reichsgesetze, ins-
besondere das Reichsmilitärgesetz vom 6. Mai 1880°
?2 Diese positivrechtliche Abgrenzung gilt, nicht aber die allgemeinen
Gesichtspunkte Labands OH 512. 513.
3 Es bedarf daher besonderer reichsgesetzlicher Ermächtigung, wenn den
Einzelstaaten ein Verordnungsrecht im Gebiet des Militärwesens zustehen
soll. 8. für das Verfahren bei Stellung der Mobilmachungspferde Kriegs-
leistungsgesetz vom 13 Juni 1873 $ 27; über Ansprüche der zum Militärdienst
einberufenen Beamten Militärgesetz vom 6. Mai 1880 II $ 66.
* Die Ausschliefslichkeit kann daher bis zur reichsgesetzlichen
Normierung nur für die nach a. 61 ausgenommene Militärkirchenordnung
bezweifelt werden. Doch hat die Württembergische Konvention a. 10 nur
das Geltendbleiben der „derzeit bestehenden“ Militärkirchenordnung (und
ebenso der dortigen Strafgerichtsordnung) anerkannt.