Full text: Deutsches Staatsrecht. Erster Band: Die Grundlagen des deutschen Staates und die Reichsgewalt. (1)

$ 85. Der militärische‘ Befehl. 509 
staaten sind de kommandierenden Generale die Militär- 
befehlshaber in den Armeecorpsbezirken.“ 
Das heilst in strenger, verfassungsmälsiger Folgerichtigkeit: selbst 
diejenigen Landesherren, deren Kontingent ein geschlossenes Armee- 
corps bildet, sind als solche die Militärbefehlshaber desselben nicht. 
Und so ist denn dasjenige Rechtsverhältnis, welches für alle 
Organisationen und Funktionen des Heeres das beherrschende und 
alles übrige in seinen Dienst zwingende ist, das Rechtsverhältnis, 
welches der militärischen Befehlsgewalt den unbedingten Gehorsam 
gegenüberstellt, ohne jede Zwischenstellung der Landesherren, un- 
beschadet der organischen Gliederung des deutschen Heeres nach Kon- 
tingenten und unbeschadet einzelner bestimmter Rechte der Landes- 
herren, ein ausschlielslich zwischen dem Kaiser und allen deutschen 
Truppen obwaltendes. 
IV. Diese verfassungsmälsige Kompetenz des Reiches hat — zu- 
nächst abgesehen von Sachsen und Württemberg — in den Militär- 
konventionen mit den übrigen Staaten ihre Durchführung gefunden. 
Nur durch den Verzicht der Landesherren auf die Ernennung des 
Offiziereorps zu Gunsten des Königs von Preufsen oder des Kaisers, 
zu welchem die Verfassung a. 66 ausdrücklich ermächtigt, sind die ver- 
fassungsmälsigen Normen über die Gestaltung des militärischen Befehles 
geändert; im übrigen sind sie vollkommen gewahrt. Demgemäls be- 
zeichnen die Konventionen die Truppenverbände und Truppenkörper, 
welche als Kontingente der Landesherren anerkannt werden — selbst 
dem kleinsten Staate ist noch ein bestimmtes Bataillon zugewiesen, 
in das seine Infanteriemannschaft eingestellt wird ?®; sie präcisieren 
die Stellung der Landesherren als Chefs ihrer Truppen und deren 
Ehrenrechte in detaillierten, nicht immer übereinstimmenden Be- 
stimmungen, und ‚sie erteilen, um die Ausübung dieser Rechte zu 
sichern, sachgemälse Zusagen über die Garnisonierung der Kontin- 
gente *. 
Eine Verschiebung der verfassungsmälsigen Kompetenzen, und 
zwar zu Gunsten der Landesherren, enthalten nur die Konventionen 
mit Sachsen und Württemberg, die erstere lediglich ein that- 
?3 5. die Konventionen mit den thüringischen Staaten a. 1, Schwarzburg- 
Sondershausen aa. 2. 3, Lippe aa. 2. 3, Schaumburg-Lippe a. 2, Waldeck a. 2, 
Lübeck $ 2, Hamburg $ 2, Bremen $ 2. 
?4 Dieselben überschreiten nur dann die Linie des verfassungsmäfsig Zu- 
lässigen, wenn sie, wie in der hessischen Konvention a. 6, Garnisonverände- 
rungen an das Einvernehmen des Landesherrn binden, vorausgesetzt, dafs dies 
eine einseitige Entscheidung des Kaisers in letzter Instanz beseitigen soll.
	        
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