512 II. Buch. Die Reichsgewalt.
Sie erklärt*, dafs alle diejenigen Vorschriften, welche sie im Ab-
schnitt XII für die Reichsfinanzen aufstellt, auch für den Bereich der
Militärverwaltung volle, also die nämliche Anwendung finden, wie für
irgend einen anderen Zweig der eigenen und unmittelbaren Reichs-
verwaltung, insbesondere für das Gebiet der Marineverwaltung.
Dagegen kennt die Verfassung für die Rechtsstellung der Einzel-
staaten nur den einen, negativen Satz des a.67: „Ersparnisse an dem
Militäretat fallen unter keinen Umständen einer einzelnen Regierung,
sondern jederzeit der Reichskasse zu“. Sie hat ihn übernommen aus
den Grundzügen vom 10. Juni 1866 Artikel IX®, aber sie hat gleich-
zeitig in charakteristischer Weise den anderen Satz dieser Grundzüge:
„Jede Regierung leistet selbst die Auslagen für die von ihr gestellten
Truppen, vorbehaltlich gemeinsamer Abrechnung nach Mafsgabe der
Beitragspflicht“ beseitigt, und sie mufste ihn beseitigen, nachdem sie
dem Kaiser, dem Reiche unmittelbar die Bestreitung aller Ausgaben
zugesprochen hatte.
Auf dieser verfassungsmälsigen Grundlage hat sich die wirtschaft-
liche Seite der Militärverwaltung in strenger Folgerichtigkeit entwickelt.
Sämtliche Einnahmen und Ausgaben der Militärverwaltung sind,
unangesehen ihrer Gliederung nach Kontingenten, Einnahmen und Aus-
gaben schlechthin des Reiches, die durch den Reichshaushaltsetat be-
stimmt werden. Die gesamte bewegliche und unbewegliche Ausrüstung
2 R.V. a. 62,1: „Vgl. Abschnitt XII“. — Laband, Archiv für öffentl.
Recht III 500 Note 1, behauptet, dieser Artikel sei nie in praktische Wirk-
samkeit getreten, sondern habe nur das Hineintragen des preufsischen Budget-
konfliktes in den Norddeutschen Bund abschneiden sollen. Das widerlegt
Laband selbst im Staatsrecht d. deutschen Reiches II 588 ff. Hier führt er
aus, dafs an a. 62 nur das intemwmistisch sei, was derselbe ausdrücklich als
interimistisch bezeichnet. Das aber ist für die hier fraglichen Bestimmungon
nicht der Fall.
3 Die Übernahme ist nicht ohne Abänderung der auf eine andere Grund-
auffassung hinzielenden Worte erfolgt. Sie lauteten: „Ersparnisse an dem
Militärbudget, mögen sie an den Gesamtausgaben oder an denen für die
einzelnen Kontingente gemacht werden, fallen unter keinen Umständen
der einzelnen Regierung, welche sie macht, sondern dem — gemeinsamen
Bundeskriegsschatze zu“.
* Hiernach mag man sagen, dafs der negative Satz des a. 67 bei der
vollkommen veränderten Rechtslage, die in Vergleich mit den „Grundzügen“
die Verfassung geschaffen hat, überflüssig ist. Aber seine Beibehaltung hat
gerade in diesem historischen Zusammenhange nicht nur das superflua non nocent
für sich, sondern eine erläuternde Bedeutung. Die Behauptung Labands,
Archiv für öffentl. Recht III 502, es habe dies keinen vernünftigen Sinn, ist
unzutreffend. '