514 II. Buch. Die Reichsgewalt.
nur den einen Reichsfiskus; sämtliche in den Kontingenten vorhandenen
Kassen und Zahlungsstellen sind lediglich fiskalische Stationen des
Reiches, sind „Reichskassen“®; Die Rechnungslegung innerhalb der
Verwaltung erfolgt nicht von den Einzelstaaten für ihr Kontingent, sie
haben als solche keine Vertretungspflicht gegenüber dem Reiche,
sondern die einzelnen, mit der Geld- und Materialverwaltung be-
trauten Behörden haben unmittelbar dem Rechnungshofe des deutschen
Reiches Rechnung zu legen. Der Rechnungshof ist es, nicht der
Einzelstaat, der ihnen für ihre Verwaltung namens des Reiches Quit-
tung erteilt, der die Verfolgung ihrer Vertretungen durch Eintragung
in das Soll der Einnahmeetats anordnet”, und es sind die einzelnen
Beamten, die dem Reiche unmittelbar für ihre Defekte verantwortlich
burgischen Militärkonvention von 1872 a. 1, wonach die zum Unterhalt
dieser Kontingente nach dem Militäretat bestimmten Beträge der preufsi-
schen Militärverwaltung zur Verfügung gestellt werden und dagegen
diese letztere die Verpflichtung übernimmt, sämtliche Bedürfnisse der ge-
nannten Kontingente zu bestreiten. Allein dieser Wortlaut ergiebt nicht
notwendig die der Labandschen Theorie entsprechende Auffassung; wenn
er es aber thäte, so würde er nur eine rechtliche Auffassung der Kontrahenten
beweisen, die der Verfassung und den Gesetzen widerspricht. — Auch das
Reichsgericht hat in seinem Urteil vom 20. Dezember 1887 die Ansicht
Labands über die Geschäftsführung des Landesfiskus im Gebiete der Ver-
mögensverwaltung der Militärverwaltung abgelehnt, obgleich es im übrigen
die rechtliche Einheitlichkeit des deutschen Heeres der Labandschen Theorie
über die Kontingentsverfassung preiszugeben scheint. S. Archiv ‚f. öffentl.
Recht IV 147 ff. — Die Behauptung Joels — Hirths Annalen 1880 S. 839 —,
dafs es wenigstens einzelne Zweige der Militärverwaltung gebe, bei denen
die vermögensrechtlichen Befugnisse und Pflichten nicht dem Reiche, sondern
den Einzelstaaten zuständen, wird belegt durch die Verweisung auf die Zahlung
von Löhnung, Gehalt und Pension an die Personen des Militärstandes und
Militärbeamten, sowie auf die Ersatzpflicht militärischer Kassenbeamten für
Defekte. Aber beide Beispiele sind nach den unzweideutigen Bestimmungen
des Wohnungsgeldgesetzes vom 30. Juni 1873 $ 1 und des Beamtengesetzes
vom 31. Mai 1873 88 7. 14. 34. 71. 134. 149. 151. 153 u. 157 unrichtig. —
Übrigens hat Laband jetzt in der 2. Aufl. des Staatsrechtes d. deutschen
Reiches II 848 die Auffassung, als ob der Militärfiskus Landesfiskus und nicht
Reichsfiskus sei, aufgegeben, damit aber die Grundlage für eine militärische
Selbstverwaltung der Einzelstaaten preisgegeben.
6 Vgl. Reichsbeamtengesetz $$ 134 ff., verglichen mit $ 157.
? Diese Stellung des Rechnungshofes d. deutschen Reiches ist durch die
Anwendung des preufsischen Gesetzes vom 27. März 1872 auf das Rechnungs-
wesen des deutschen Reiches gegeben, welche das Reichsgesetz vom 11. Fe-
bruar 1875 und seine Erneuerungen vorgeschrieben haben. Vgl. den Entwurf
eines Gesetzes betr. den Rechnungshof d. deutschen Reiches vom 27. Fe-
bruar 1877. Drucks. d. Reichstages von 1877 No. 16.