Full text: Deutsches Staatsrecht. Erster Band: Die Grundlagen des deutschen Staates und die Reichsgewalt. (1)

522 II. Buch. Die Reichsgewalt. 
Damit enstand aber auch zugleich die Gegenwirkung, dafs denjenigen 
Einzelstaaten, deren Kontingentsgrölse dies möglich machte, die Bil- 
dung eines besonderen Kriegsministeriums mit einem dem preulsischen 
Kriegsministerium parallelen Wirkungskreis eingeräumt war und der 
Verzicht hierauf als vertragsmälsige Erweiterung der Kompetenz des 
preulsischen Kriegsministeriums erschien. 
Allein diese thatsächliche Gestaltung vermag der verfassungs- 
mäflsigen Kompetenz des Reiches keinen Eintrag zu thun. 
Das Reich bleibt kompetent, soweit dadurch die Wahrnehmung 
der den Landesherren verfassungsmälsig oder, soviel Württemberg be- 
trifft, vertragsmälsig eingeräumten Rechte durch entsprechende Organe 
nicht berührt wird, sowohl den Wirkungskreis der bestehenden parti- 
kularen Kriegsministerien zu bestimmen und zu begrenzen®, als auch 
deren Funktionen auf centrale, allen Kontingentsverwaltungen gemein- 
same Organe zu übertragen?. Nur für Württemberg wird aus a. 12 
seiner Militärkonvention folgen, dals das Kriegsministerium auch für 
die gemeinsamen Angelegenheiten als Gliederung der Reichsmilitär- 
verwaltung aufrecht zu erhalten ist. 
Vor allen Dingen bleibt die verfassungsmälsige Rechtslage bestehen, 
dafs die gesamte Militärverwaltung auch in ihrer Vollziehung zur Zu- 
ständigkeit des Reiches gehört, dessen eigenes Recht ist, dals ihr 
Inhaber und Haupt der Kaiser ist mit der Mafsgabe, dafs den Landes- 
herren auf dieselbe ein bestimmter, durch einzelne verfassungsmälsig 
definierte Rechte bezeichneter Einfluls zusteht. Und zwar gilt dies 
auch für Württemberg, nur erweitert durch seine vertragsmälsigen 
Vorrechte. | 
Seinen vollkommen zutreffenden Ausdruck findet das in dem Un- 
stande, dafs alle mit der inneren Militärverwaltung betrauten Organe 
als Organe des Reiches durch die Gesetzgebung anerkannt sind. 
Zu dem Teile, zu welchem die Militärverwaltung von den Truppen 
selbst wahrgenommen wird, verschmilzt dieselbe mit der Militärbefehls- 
habung untrennbar. Es ist unmöglich, diesen Organen eine andere 
8 So für das Pensionswesen im Militärpensionsgesetz vom 27. Juni 1871 
88 3. 17. 20. 25—27. 44. 116; für die Disciplin im Reichsbeamtengesetz vom 
31. März 1873 88 8. 15. 16. 81 u. s. w. 
9 So die Einsetzung der Reichsrayonkommission durch Rayongesetz vom 
31. Dezember 1871, deren Befugnisse nach der Kabinettsordre vom 30. Sep- 
tember 1828 dem Kriegsministerium im wesentlichen zustanden. So die eigen- 
tümlich centralisierte Organisation des militärischen Eisenbahnwesens nach 
der Friedenstransportordnung vom 11. Februar 1888 88 7 ff. und der Kriegs- 
transportordnung vom 26. Januar 1887 88 10 ft.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.